Innergemeinschaftliches Verbringen
Umsatzsteuer
Beim innergemeinschaftlichen Verbringen geht es um die Bewegung von Waren innerhalb der EU, ohne dass sie verkauft werden. Die Ware bleibt im Eigentum des Unternehmens, wird aber in ein anderes EU-Land gebracht, etwa von Deutschland nach Frankreich. Solche Vorgänge gelten umsatzsteuerlich wie innergemeinschaftliche Lieferungen und innergemeinschaftliche Erwerbe.
Wichtig: Jeder Grenzübertritt muss umsatzsteuerlich bewertet werden, auch wenn keine Rechnung gestellt wird.
In der Steuerberaterprüfung kommt es häufig vor, dass Sie Fälle mit zum Thema Innergemeinschaftliches Verbingen bearbeiten müssen. In unseren Kernlehrgängen und Klausurenkursen bereiten wir Sie daher intensiv auf dieses und andere Themen der Umsatzsteuer vor.
Innergemeinschaftlicher Erwerb durch Verbringen (§ 1a Abs. 2 UStG)
Bringt ein Unternehmen einen Gegenstand aus einem EU-Staat ins Inland zur nicht nur vorübergehenden Nutzung, gilt das als sogenannter fiktiver Erwerb. Dabei ist das Unternehmen gleichzeitig Lieferer und Erwerber. Der Vorgang wird steuerlich behandelt wie ein Kauf aus einem anderen EU-Land.
Im Ursprungsland gilt das als steuerfreie Lieferung durch Verbringen (§ 6a Abs. 2 UStG). Im Bestimmungsland als innergemeinschaftlicher Erwerb (§ 1a Abs. 2 S. 2 UStG).
Wann liegt ein innergemeinschaftliches Verbringen vor?
Ein Verbringen liegt vor, wenn:
- ein Gegenstand des Unternehmensvermögens von einem EU-Staat ins Inland gebracht wird,
- der Unternehmer darüber selbst verfügen kann,
- und die Nutzung nicht nur vorübergehend ist.
Nicht nur vorübergehende Verwendung liegt vor, wenn:
- der Gegenstand ins Anlagevermögen übernommen wird,
- er verbraucht oder verarbeitet wird (z. B. als Rohstoff),
- der Gegenstand zur Weiterveräußerung ins Bestimmungsland gebracht wird, obwohl der Abnehmer noch nicht feststeht.
Wenn der Abnehmer bereits bei Beginn der Lieferung feststeht, der Gegenstand nur vorübergehend im anderen Staat oder nur befristet genutzt wird, liegt keine Verbringensfiktion vor.
Ort und Zeitpunkt
Der Ort des fiktiven Erwerbs ist nach § 3d S. 1 UStG dort, wo die Warenbewegung endet. Als Zeitpunkt gilt der Beginn der Warenbewegung. Wird aus der ursprünglich nur vorübergehenden Verwendung später eine dauerhafte, verschiebt sich der Zeitpunkt entsprechend.
Steuerliche Behandlung
Die innergemeinschaftliche Verbringung wird wie folgt steuerlich behandelt:
- Steuerbarkeit: Ist der Ort des Erwerbs in Deutschland, ist der Vorgang nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG steuerbar.
- Steuerbefreiung: Die Voraussetzungen des § 4b UStG gelten entsprechend.
- Steuerschuldner: Der Unternehmer selbst (§ 13a Abs. 1 Nr. 2 UStG).
- Bemessungsgrundlage: Ist der Einkaufspreis zuzüglich Nebenkosten. Gibt es keinen Einkaufspreis (z. B. bei Eigenherstellung), zählen die Selbstkosten. (§ 10 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 UStG)
Wichtig ist dabei: Die Umsatzsteuer wird nicht aus dem Preis herausgerechnet, sondern oben drauf geschlagen.
Folgende Anforderungen gelten an die Dokumentation: Unternehmen müssen gemäß § 22 Abs. 2 Nr. 7 UStG intern die Bemessungsgrundlage und die Erwerbsteuer dokumentieren.
Steuerentstehung und Vorsteuerabzug
Die Steuer entsteht immer am Ende des Monats nach dem Verbringen, unabhängig davon, wann die (Pro-forma-)Rechnung erstellt wird. Die Erwerbsteuer kann unter den üblichen Voraussetzungen als Vorsteuer abgezogen werden (siehe dazu § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 UStG).
Verbringen als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung (§ 3 Abs. 1a, § 6a Abs. 2 UStG)
Die Bewegung der Ware aus Deutschland in einen anderen EU-Staat gilt im Ursprungsland als steuerfreie Lieferung. Dabei handelt es sich um eine gesetzliche Fiktion. Obwohl kein Verkauf stattfindet, wird das Verbringen wie eine Lieferung behandelt.
Voraussetzungen:
Damit ein Verbringen eines Gegenstandes in einen anderen EU-Mitgliedstaat als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung behandelt werden kann, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Diese sind gesetzlich in § 3 Abs. 1a UStG i. V. m. Abs. 2 UStG geregelt und entsprechen weitgehend den Voraussetzungen einer normalen innergemeinschaftlichen Lieferung, nur eben ohne Wechsel des Eigentümers. Daher gilt:
- Der Gegenstand verlässt das Inland zur eigenen Verfügung des Unternehmens,
- Die Verwendung im Bestimmungsland ist nicht nur vorübergehend.
Keine steuerfreie Lieferung liegt vor, wenn der Gegenstand nur vorübergehend im anderen Staat genutzt wird.
Ort, Zeitpunkt und Steuerbefreiung
Der Ort, die Steuerbefreiung und der Zeitpunkt beim Verbringen als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung ist in § 3 Abs. 1a UStG i. V. m. § 6a Abs. 2 UStG geregelt.
Der Ort ist demnach dort, wo die. Berförderung oder Versendung beginnt, also im Inland, wenn die Ware von dort aus in einen anderen EU-Staat gebracht wird. Dadurch wird das Verbringen im Inland steuerbar, aber potenziell steuerfrei. Der Zeitpunkt ist der Beginn der Warenbewegung. Ausnahme: Wird aus einer nur vorübergehenden Verwendung später eine dauerhafte, ist dieser Zeitpunkt entscheidend.
Das Verbringen ist im Ursprungsland nach § 6a Abs. 2 i. V. m. § 4 Nr. 1b UStG steuerfrei, wie eine normale innergemeinschaftliche Lieferung. Es gelten die gleichen Buch- und Belegnachweise wie bei Lieferungen (siehe dazu §§ 17a-17d UStDV). Die Bemessungsgrundlage ergibt sich aus dem Einkaufspreis plus Nebenkosten zum Zeitpunkt des Verbringens (§ 10 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 UStG). Die steuerfreie Lieferung ist in der Umsatzsteuervoranmeldung im Folgemonat anzugeben (§ 18b S. 1 Nr. 1 UStG). Auch hier genügt eine Pro-forma-Rechnung.