Innergemeinschaftliche Fernverkäufe

Umsatzsteuer

§ 3c UStG regelt, wo innergemeinschaftliche Fernverkäufe umsatzsteuerlich zu versteuern sind. Es handelt sich dabei um grenzüberschreitende Lieferungen innerhalb der EU an Endkunden, bei denen die Ware vom Lieferanten oder in dessen Auftrag versendet wird. Der Kernpunkt: Der Lieferort und damit auch die Steuerpflicht wird ins Zielland verlagert, also dorthin, wo die Lieferung endet.

In unseren Kernlehrgängen und Klausurenkursen gehen wir auf die Themen der Umsatzsteuer ein und bereiten Sie optimal auf Ihre Steuerberaterprüfung vor.

Wann gilt § 3c UStG?

Diese Regelung greift, wenn die Lieferung durch den Lieferanten oder in dessen Auftrag grenzüberschreitend erfolgt, der Gegenstand tatsächlich in einen anderen EU-Mitgliedstaat gelangt und die Abnehmer in der Regel Privatpersonen oder vergleichbare juristische Personen sind, die keine oder keine gültige USt-IdNr. verwenden.

Wer zählt als Abnehmer?

Gemäß § 3c UStG handelt es sich immer dann um einen Abnehmer, wenn sich die Lieferung an Personen richtet, die:

  • keine Unternehmer sind oder die Ware nicht für ihr Unternehmen kaufen,
  • juristische Personen sind, die nicht unternehmerisch tätig sind,
  • oder sogenannte Schwellenerwerber (z. B. Kleinunternehmen) sind, die unterhalb bestimmter Erwerbsgrenzen bleiben.

Gemeinsam haben diese Käufer, dass sie keine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwenden.

Beteiligung des Lieferanten

Entscheidend ist, dass der Versand durch den Lieferanten selbst oder in dessen Auftrag erfolgt. Holt der Kunde die Ware selbst ab oder beauftragt eigenständig eine Spedition, gilt § 3c UStG nicht.

Auch eine indirekte Beteiligung reicht aus, zum Beispiel wenn:

  • der Versand über Dritte im Auftrag des Lieferanten erfolgt,
  • der Lieferant für die Zustellung haftet,
  • Versandkosten vom Lieferanten eingezogen und weitergeleitet werden,
  • oder wenn der Lieferant den Versanddienstleister aktiv vermittelt.

Umsatzschwelle: Wann gilt die Regelung?

§ 3c UStG greift grundsätzlich, es sei denn, die sogenannte Kleinunternehmergrenze wird nicht überschritten. Diese Grenze liegt bei 10.000 € pro Jahr und bezieht sich auf alle relevanten Umsätze innerhalb der EU. Wird dieser Betrag im Vorjahr und im laufenden Jahr nicht überschritten, bleibt der Leistungsort im Ursprungsland.

Bei Überschreiten der Grenze gilt § 3c UStG sofort. Wichtig ist dabei: Es zählen nicht nur Fernverkäufe, sondern auch bestimmte digitale Dienstleistungen wie Streaming, Downloads oder Telekommunikation.

Beispiel: 8.000 € Fernverkäufe + 3.000 € digitale Leistungen = Schwelle überschritten

Da die Grenze überschritten ist, ist der Lieferort ab dann das Zielland. Ein freiwilliger Verzicht auf die Anwendung der Schwelle ist möglich und gilt dann für mindestens zwei Jahre.

Was passiert bei Anwendung von § 3c UStG?

Wird die Umsatzschwelle überschritten oder freiwillig darauf verzichtet, entsteht im Zielland eine Steuerpflicht. Der Lieferant wird dort umsatzsteuerpflichtig. Für ausländische Unternehmen bedeutet das:

  • Registrierung beim zuständigen Finanzamt im Zielland,
  • regelmäßige Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen und -Erklärungen,
  • Ausstellung von Rechnungen mit Steuerausweis,
  • Anwendung der Steuersätze des Ziellandes,
  • keine Anwendung der Kleinunternehmerregelung (§ 19 UStG).

Sonderregelung: One-Stop-Shop (OSS)

Um den Verwaltungsaufwand zu reduzieren, gibt es seit dem 1. Juli 2021 das OSS-Verfahren (§ 18j UStG). Das OSS-Verfahren ist eine vereinfachte Regelung zur Umsatzsteuererklärung für grenzüberschreitende B2C-Umsätze in der EU. 

Statt sich in jedem EU-Land einzeln umsatzsteuerlich registrieren zu müssen, kann ein Unternehmen alle betroffenen Umsätze zentral über das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) melden und abführen.

Eine Registrierung in jedem einzelnen EU-Land entfällt damit.

OSS gilt für:

  • Dienstleistungen an Privatpersonen in anderen EU-Ländern,
  • innergemeinschaftliche Fernverkäufe,
  • und bestimmte elektronische Plattformen.

Dabei ist folgendes zu beachten:

  • Für jedes Quartal muss eine Steuererklärung erstellt werden. Die Abgabe hat dabei bis zum Ende des Folgemonats nach Quartalsende
  • Auch wenn der Umsatz bei Null lag, muss eine Abgabe erfolgen.
  • Die gemeldeten Steuerbeträge müssen fristgerecht und gebündelt an das BZSt überwiesen werden.,
  • Es besteht eine Pflicht zur Meldung von Änderungen und zur Abmeldung bei Wegfall der Voraussetzungen.

Fernverkäufe aus Drittländern (§ 3c Abs. 2 und 3 UStG)

Auch Verkäufe aus Nicht-EU-Ländern („Drittländer“) sind abgedeckt:

  1. § 3c Abs. 2 UStG: Wird die Ware z. B. aus den USA nach Frankreich geschickt, aber in Deutschland eingeführt, verlagert sich der Ort ins Zielland - hier also nach Frankreich. Voraussetzung: Der Käufer ist keine Unternehmerperson und holt die Ware nicht selbst ab.
  2. § 3c Abs. 3 UStG (mit IOSS): Wird die Ware im Zielland eingeführt (z. B. aus China direkt nach Italien) und der Versand über das Import-One-Stop-Shop-Verfahren (IOSS) abgewickelt, liegt der Steuerort im Einfuhrstaat - also dort, wo die Lieferung endet.

Ausnahmen von § 3c UStG

Nicht unter § 3c UStG fallen:

  1. Neue Fahrzeuge: Lieferungen neuer Fahrzeuge fallen nicht unter § 3c UStG. Sie werden immer nach den speziellen Regeln für Fahrzeuglieferungen behandelt.
  2. Lieferungen mit Montage oder Installation: Waren, die mit oder ohne Inbetriebnahme durch den Lieferanten montiert oder installiert werden, unterliegen nicht § 3c UStG. Hier gilt die Regelung für Montage- oder Werklieferungen.
  3. Differenzbesteuerung (§ 25a UStG): Gegenstände, die der Differenzbesteuerung unterliegen (z. B. Gebrauchtwaren, Kunstgegenstände), sind ausgeschlossen.
  4. Verbrauchsteuerpflichtige Waren an Schwellenerwerber: Verbrauchsteuerpflichtige Waren (z. B. Alkohol, Tabak, Energieerzeugnisse) lösen bei Schwellenerwerbern immer einen innergemeinschaftlichen Erwerb aus. § 3c UStG ist daher nicht anwendbar.
  5. Kein Versand durch den Lieferanten: Wird die Ware vom Erwerber selbst abgeholt oder beauftragt der Erwerber eigenständig den Versand, liegt kein innergemeinschaftlicher Fernverkauf vor.

Diese Fälle folgen anderen steuerlichen Regeln, meist dem innergemeinschaftlichen Erwerb (§ 1a UStG).

§ 3c UStG sorgt dafür, dass grenzüberschreitende Verkäufe an Privatpersonen innerhalb der EU im Land des Verbrauchs versteuert werden. Die Regelung soll Wettbewerbsverzerrungen verhindern und fairere Marktbedingungen schaffen. Über das OSS-Verfahren kann der bürokratische Aufwand deutlich reduziert werden.

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