Schriftliche 
Steuerberaterprüfung 2025

Häufige Fehler und Auswertung der Prüfungsschwerpunkte der gemischten Klausur

Der nachfolgende Beitrag thematisiert die dritte Teilaufgabe aus der Erbschaft-/Schenkungsteuer und Bewertung der „gemischten Klausur“ am ersten Prüfungstag der schriftlichen Steuerberaterprüfung1. Entscheidend für Ihren Erfolg sind zwei wesentliche Faktoren im direkten Zusammenspiel: ein effizientes und nachhaltiges Klausurentraining sowie ein Fokus auf die Prüfungsschwerpunkte. Bei der Korrektur von Übungsklausuren in der Prüfungsvorbereitung fällt zum einen auf, dass bestimmte Fehler immer wieder auftauchen. Je eher diese typischen Fehlerquellen somit ausgeschaltet werden, um so steiler wird die persönliche Lern- und damit auch Erfolgskurve ausfallen! Zum anderen dient Ihnen die aktuelle Themenauswertung der Prüfungsklausuren der letzten Jahre als „Checkliste“, um herauszufiltern, welche Lerninhalte Sie i. R. Ihres Lernplans noch einplanen bzw. vertiefen müssen. Damit unterstützt Sie der nachfolgende Beitrag, das Richtige (Stichwort: Prüfungsschwerpunkte) richtig (Stichwort: häufige Fehler vermeiden) zu lernen!

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I. Häufige Fehler in der Erbschaftsteuerklausur²

1. Herausforderung Erbschaftsteuerklausur

Die besonderen Herausforderungen i. R. der Erbschaftsteuerklausur leiten sich v. a. aus den Herausforderungen in Bezug auf die „gemischte“ Klausur des ersten Prüfungstags insgesamt ab. Die Klausur am ersten Prüfungstag beinhaltet regelmäßig drei – eigenständige – Steuerrechtsgebiete (Verfahrensrecht, Umsatzsteuer und Erbschaft-/Schenkungsteuer/ Bewertung), wobei jeder Teilnehmende naturgemäß unterschiedliche Vorlieben und Abneigungen hat. Das eine Teilgebiet liegt einem eben mehr, das andere weniger. Erfahrungsgemäß fällt die „gemischte“ Klausur jedoch den meisten am schwersten, denn sie stellt auch noch extrem hohe klausurtechnische und -taktische Anforderungen. Es ist ein wahrer Balanceakt zwischen Bearbeitungsreihenfolge der einzelnen Gebiete und effektiver Zeiteinteilung (ca. je 1/3). Und jeder kennt’s: Man ist geneigt, Gebiete, in denen man sich fachlich fitter fühlt, ausführlicher – und damit zeitaufwändiger – zu behandeln als unliebsame Gebiete. Erschwerend kommt hinzu, dass die einzelnen Rechtsgebiete m. E. für die vorgesehene Prüfungszeit von sechs Zeitstunden – und damit für die zu erreichende Punktzahl – inhaltlich viel zu überfrachtet sind. 

Daher müssen Sie für sich durch ein intensives Klausurentraining in der Vorbereitungsphase die optimale Bearbeitungsreihenfolge der drei Rechtsgebiete herausfinden! Auch wenn es sich bei der Erbschaftsteuerklausur um den dritten und damit letzten Teil des ersten Prüfungstags handelt, bedeutet dies nicht automatisch, dass Sie diesen auch als Letztes bearbeiten müssen! 

Beachten Sie in Bezug auf die Erbschaftsteuerklausur, dass diese insbesondere deshalb einen hohen Konzentrationsgrad erfordert, da umfangreiche Berechnungen durchzuführen sind, bei denen Sie in diversen Tabellen zahlreiche Einzelheiten (richtiger Vervielfältiger, Abzinsungsfaktoren etc.) nachschlagen müssen. Die allgemeinen Ausführungen sollten Sie immer ausformulieren und alle (!) Unterpunkte bearbeiten. Bei Letzterem kann Ihr Anspruch aber nicht darin bestehen, jeden Teilsachverhalt exakt bis ins letzte Detail lösen zu wollen. Ihre Klausurstrategie muss vielmehr lauten, möglichst alle aufgeworfenen Rechtsfragen mit Lösungsansätzen so anzusprechen, dass Sie ein Maximum an Punkten erzielen!

2. Häufige Fehler im Einzelnen

HINWEIS

Die im Folgenden bewusst nur kurz und knapp benannten Fehler dienen Ihnen v. a. als „Checkliste“ für die eigene Klausurbearbeitung. Zur Vertiefung der Prüfungsschwerpunkte finden Sie Lernmaterialien und Übungsklausuren im PrüfungsCoach schriftliche Steuerberaterprüfung in der NWB Datenbank unter NWB GAAAH-44658.

a) Fehlerhafte Erfassung der Aufgabenstellung, der Bearbeitungshinweise und des Sachverhalts

aa) Aufgabenstellung und Bearbeitungshinweise 

Nach einem ersten „Überfliegen“ des Sachverhalts sollten Sie zunächst die Aufgabenstellung exakt erfassen, um zu wissen, was konkret von Ihnen erwartet wird. Dies bedeutet, Sie müssen zuerst präzise herauslesen, 

  • wer – und demzufolge welcher Tatbestand – zu beurteilen ist. 
    BEISPIEL Bei einem Erwerb von Todes wegen ist bspw. genau zu erfassen, ob die Aufgabenstellung nur die Beurteilung eines Erben und/oder auch eines Vermächtnisnehmers bzw. Pflichtteilsberechtigten verlangt. 
    Beachten Sie: Ist ausschließlich der Erbe zu würdigen, gehen aber zugleich Vermögensteile auf einen Vermächtnisnehmer über bzw. hat ein Pflichtteilsberechtigter seinen Anspruch geltend gemacht, sind diese Tatbestände bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs des Erben i. R. des § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG als abzugsfähige Nachlassverbindlichkeiten mindernd zu berücksichtigen! 
     
  • bis zu welchem Punkt Sie den Sachverhalt lösen sollen, bis zum „Endpunkt“, also bis zur festzusetzenden Erbschaft-/ Schenkungsteuer, oder „nur“ bis zum Wert der Bereicherung bzw. bis zum steuerpflichtigen Erwerb.

Zudem erhalten Sie zielgerichtete Bearbeitungshinweise und damit wichtige Informationen für Ihre Lösung. Im Folgenden „übersetzen“ wir für Sie gängige Bearbeitungshinweise:

  • „Begründen Sie Ihre Entscheidungen unter Angabe der maßgebenden Vorschriften.“ bedeutet, dass Sie Ihre Klausur primär auf der Grundlage des ErbStG sowie des BewG lösen und begründen müssen sowie im Zweifel nach Verwaltungsmeinung, also der ErbStR.
     
  • „Die Erbschaft-/Schenkungsteuerbelastung soll möglichst geringgehalten werden.“ Diese Formulierung ist v. a. im Kontext mit der Anwendung sachlicher Steuerbefreiungen zu sehen. 
    BEISPIEL Bei der Begünstigung von Betriebsvermögen kann aus der Formulierung „Alle erforderlichen Anträge gegenüber dem Finanzamt gelten als gestellt.“ geschlussfolgert werden, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen für die (antragsgebundene) Optionsverschonung nach § 13a Abs. 10 ErbStG, diese auch anzuwenden ist. 
    Beachten Sie: Umgekehrt müssen Sie zugleich darauf zu schauen, ob in den Bearbeitungshinweisen nicht explizit darauf verwiesen wird, dass ein Antrag nach § 13a Abs. 10 ErbStG gerade nicht gestellt wurde! 
     
  • „Notwendige gesonderte Feststellungen sind ggf. darzustellen.“ Darunter fallen in erster Linie die gesonderten Feststellungen des Grundbesitzwerts bei Grundstücken gem. § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BewG sowie des gemeinen Werts bei Betriebsvermögen bzw. bei nicht notierten Anteilen an Kapitalgesellschaften gem. § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bzw. Nr. 3 BewG. 
    Beachten Sie: Hierzu gehört auch die gesonderte Feststellung des Verwaltungsvermögens, der Finanzmittel etc. nach § 13b Abs. 10 ErbStG. Allerdings wird regelmäßig in den Bearbeitungshinweisen auf Folgendes verwiesen: „Auf § 13a Abs. 4 ErbStG ist nicht einzugehen.“ Gesonderte Feststellungen bzgl. der Anwendung der Lohnsummenregelung nach § 13a Abs. 3 ErbStG sind dann also nicht erforderlich.

KLAUSURTIPPS 

  • Erfassen Sie die Aufgabenstellung im Detail, damit Sie weder zu viel (keine Extrapunkte, sondern nur ein Zeitfresser!) noch zu wenig bearbeiten!
  • Für eine punktebringende Lösung müssen Ihre Erläuterungen immer auch einen Verweis auf die entsprechenden Rechtsgrundlagen (ErbStG, BewG und im Zweifel der ErbStR) umfassen!

bb) Sachverhalt 

Nur selten enthält der Sachverhalt überflüssige Angaben. Daher müssen Sie jede Angabe kritisch betrachten, dürfen dabei gleichzeitig aber auch nichts in den Sachverhalt hineininterpretieren, was dieser nicht hergibt! Häufiger passiert es, dass Prüflinge sich – Fälle aus Übungsklausuren vor Augen – einen Sachverhalt dementsprechend „hinbiegen“. 

BEISPIEL Die Frage, ob die Steuerbefreiung für das selbstgenutzte Familienheim nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG für Kinder Anwendung findet, kann nur dann positiv entschieden werden, wenn aus dem Sachverhalt auch ersichtlich ist, dass das Kind unverzüglich die Selbstnutzung des auf ihn übergehenden Familienheims antritt. Wenn es an einem solchen expliziten Hinweis im Sachverhalt mangelt, ist in der Lösung Negativabgrenzung zu formulieren. 

Prüfen Sie darüber hinaus, ob weitere Rechtsgebiete zu thematisieren sind! Zwar wird die vorliegende Teilaufgabe regelmäßig lediglich mit „Teil III Erbschaftsteuer“ überschrieben, jedoch können hier erfahrungsgemäß neben zu beurteilenden schenkungsteuerlichen Sachverhalten auch andere Rechtsgebiete mit abgeprüft werden. Prädestiniert hierfür ist die Grunderwerbsteuer, wie vorangegangene Prüfungsklausuren gezeigt haben (vgl. hierzu im Einzelnen in Kap. II.). Denkbar wäre insoweit ein separat zu lösender Grunderwerbsteuerteil oder dass die Grunderwerbsteuer (versteckt) als noch offener Posten i. R. der Nachlassverbindlichkeiten zu berechnen und abzuziehen ist, weil das Grundstück erst kurz vor dem Erbfall vom Erblasser erworben wurde.

KLAUSURTIPPS 

Die fokussierte Arbeit mit dem Sachverhalt darf erst beginnen, wenn Sie die konkrete Aufgabenstellung mit den entsprechenden Bearbeitungshinweisen verinnerlicht haben! Aus der Überschrift in der Prüfungsklausur „Teil III Erbschaftsteuer“ dürfen Sie nicht automatisch auf die Vollständigkeit der abzuprüfenden Rechtsgebiete schließen. Analysieren Sie daher genau, ob im jeweiligen Sachverhalt noch weitere Rechtsgebiete, wie die Grunderwerbsteuer, angesprochen werden!

b) Unstrukturierter Lösungsaufbau

Die Aufgabenstellung hat sich in den vergangenen Prüfungsklausuren regelmäßig wiederholt. So geht es meist darum, die festzusetzende Erbschaft- oder Schenkungsteuer bzw. den steuerpflichtigen Erwerb (bzw. die Bereicherung) zu ermitteln. Dies ist für Sie von Vorteil, denn hieraus folgt, dass die Klausurbearbeitung nach einem festen Prüfungsschema zu erfolgen hat, woraus sich (zwangsläufig) eine feste Lösungsstruktur ergibt. Einen „großen Plan“ zur Bearbeitung der Erbschaftsteuerklausur brauchen Sie also nicht!

KLAUSURTIPP 

Neben der Fokussierung auf die inhaltlichen „Dauerbrenner“ (vgl. hierzu die Auswertung der Prüfungsschwerpunkte in Kap. II.) ist die Beherrschung dieses Prüfungsschemas, das Sie der Klausur zügig und konsequent „abarbeiten“ müssen, Dreh- und Angelpunkt für eine effiziente Punkteausbeute! Sie müssen sich nur konsequent daran halten! Erfreuen Sie dabei das Prüferherz, indem Sie Ihre Klausurlösung auch optisch so strukturiert darstellen und die einzelnen Schritte mit (Zwischen-)Überschriften klar herausstellen. Nutzen Sie darüber hinaus für die einzelnen Lösungsschritte effektiv alle Ermittlungsschemata in den Ihnen in der Prüfung zur Verfügung stehenden Hilfsmitteln als konkrete Handlungsanleitungen!

Das nachfolgende Prüfungsschema gibt Ihnen eine klare Struktur für den Aufbau Ihrer Klausurlösung vor. Für die Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs in einem Erbschaftsteuerfall haben Sie mit R E 10.1 ErbStR ein Ihnen stets zur Verfügung stehendes Hilfsmittel. Veranschaulicht wird die Lösungsstruktur in ihren wesentlichen Lösungsschritten. Von im Einzelfall ggf. noch zu berücksichtigenden speziellen Anwendungsfällen des Gesetzes wird dabei abstrahiert (bspw. § 5, § 6, § 14, § 19a, § 21, § 23, § 27 ErbStG).

Prüfungsschema für typische Fallgestaltungen in der Klausur zur Erbschaft-/Schenkungsteuer und Bewertung

 

1. Steuerpflicht (Vorspann) 

a) Sachliche Steuerpflicht (§ 1 Abs. 1 i. V. mit §§ 3–8 ErbStG) 

b) Persönliche Steuerpflicht (§ 2 ErbStG) 

c) Entstehung der Steuer (§ 9 ErbStG) = Bewertungsstichtag (§ 11 ErbStG) 

d) Steuerklasse/Steuerschuldner (§ 15 Abs. 1, § 20 ErbStG) 

 

2. Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs und der festzusetzenden Erbschaft-/Schenkungsteuer (Hauptteil) 

§ 10 ErbStG i. V. mit § 12 ErbStG unter Heranziehung der einschlägigen Regelungen des BewG: 

a) Ermittlung des Werts des Vermögensanfalls 
Bewertung der übergehenden Vermögenspositionen (§ 12 ErbStG) und Berücksichtigung sachlicher Steuerbefreiungen (§§ 13, 13a–13d ErbStG) = Wert des gesamten Vermögensanfalls 

b) Ermittlung des Werts der Bereicherung 

  • Erwerb von Todes wegen: Abzug von Nachlassverbindlichkeiten (§ 10 Abs. 5–9 ErbStG)
  • Schenkung unter Lebenden 
    – Vollschenkung: Abzug ggf. anfallender Erwerbsnebenkosten (H E 10.7 ErbStH) 
    – gemischte Schenkung/Schenkung unter Auflage: Abzug der Gegenleistungen und/oder Auflagen sowie ggf. anfallender Erwerbsnebenkosten (R E 7.4 ErbStR i. V. mit H E 10.7 ErbStH) 
    = Wert der Bereicherung

c) Ermittlung des Werts des steuerpflichtigen Erwerbs 

Abzug des persönlichen Freibetrags (§ 16 ErbStG) und – bei Erwerben von Todes wegen – ggf. des besonderen Versorgungsfreibetrags (§ 17 ErbStG) 
= Steuerpflichtiger Erwerb 

d) Ermittlung der festzusetzenden Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer

Steuerpflichtiger Erwerb x Steuersatz (§ 19 Abs. 1 und ggf. Abs. 3 ErbStG) = Festzusetzende Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer

Zu 1.: Einleitung (Steuerpflicht) 

Zahlreiche Prüflinge „springen“ förmlich in die Lösung hinein, indem sie sofort mit der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs beginnen. Ihre Klausur muss jedoch immer mit einem Einleitungsteil, der „Steuerpflicht“, zur eigentlichen Lösung hinführen. Das gilt auch, wenn dies nicht explizit in der Aufgabenstellung gefordert wird3. Stolpersteine in diesem Teil der Lösung finden sich insbesondere in der Beurteilung des steuerpflichtigen Vorgangs (sachliche Steuerpflicht)

Nicht ausreichend bei der Beurteilung des steuerpflichtigen Vorgangs ist es, festzustellen, dass ein Erwerb von Todes wegen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG bzw. eine Schenkung unter Lebenden nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG vorliegt. Vielmehr müssen Sie den steuerpflichtigen Vorgang konkret würdigen. Ist bei einem Erwerb von Todes wegen der Erbe zu beurteilen, muss Ihr Lösungsansatz auch den Verweis enthalten, dass es sich um einen Erbanfall (§ 1922 BGB) gem. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG handelt. 

Probleme bereitet immer wieder die Beurteilung privater Lebens-/Rentenversicherungen. Insbesondere dann, wenn im Versicherungsvertrag die bezugsberechtigte Person konkret genannt ist, wird oft nicht gesehen, dass eine solche Versicherung nicht in den Nachlass der erbenden Person fällt. Vielmehr stellt diese für die bezugsberechtigte Person einen eigenständigen Erwerb eines Vermögensvorteils auf der Basis eines Vertrags zugunsten Dritter nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG dar. 

Gesetzliche Versorgungsbezüge (Witwer-/Witwenrenten) unterliegen zudem nicht der Erbschaftsteuer, haben aber Auswirkung auf den besonderen Versorgungsfreibetrag nach § 17 ErbStG. da dieser dann um den Kapitalwert der Rente zu kürzen ist. Dagegen gehören private Lebens-/Rentenversicherungen entweder zum Nachlass der erbenden Person oder es liegt ein Fall des § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG vor.

Zu 2a): Ermittlung des Werts des Vermögensanfalls 

Eine gute Lösung in diesem Teil zeichnet sich dadurch aus, dass Sie jede Vermögensposition konsequent auf zwei Ebenen betrachten – der Bewertungs- und der Besteuerungsebene

Eingeleitet wird dieser Teil der Lösung durch die Bewertung der Vermögensposition. Wegweiser, um zu einem für erbschaft- und schenkungsteuerliche Zwecke korrekten Wert zu gelangen, ist § 12 ErbStG. Diese Anwendungsvorschrift stellt die „Brücke“ aus dem ErbStG zu den maßgeblichen Bewertungsvorschriften des BewG dar. Achten Sie dabei auf die Zitierweise in der Klausurlösung, die stets mit § 12 ErbStG und der Angabe des zutreffenden Absatzes beginnen muss! 

Prüfen Sie sodann, ob für die jeweilige Vermögensposition eine sachliche Steuerbefreiungsvorschrift Anwendung findet. Hier ist es wieder grundlegend, auch i. R. der Begünstigungsvorschriften den Sachverhalt unter die jeweiligen Voraussetzungen zu subsumieren. Allein die Feststellung „ist begünstigt nach § …“ reicht oftmals nicht aus! 

Gerade bei der Befreiungsvorschrift des § 13d Abs. 1 ErbStG wird häufiger ignoriert, dass der Befreiungsabschlag von 10 % unter den Voraussetzungen nach § 13d Abs. 3 ErbStG nur für zu Wohnzwecken vermietete Grundstücke/Grundstücksteile gewährt wird, nicht jedoch für die unentgeltliche Überlassung zu Wohnzwecken. Hingegen schadet ein vorübergehender Leerstand wegen Modernisierung bzw. Mieterwechsels nicht (R E 13d Abs. 6 Satz 3, 4 ErbStR). 

Bezüglich der Anwendung der Steuerbefreiung nach § 13a ErbStG ist zuerst zu prüfen, ob überhaupt begünstigungsfähiges Vermögen gem. § 13b Abs. 1 ErbStG vorliegt. Bei Anteilen an Kapitalgesellschaften wird öfter übersehen, dass eine Mindestbeteiligung von mehr als 25 % nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG gegeben sein muss. 

Um bei der Begünstigung von Betriebsvermögen bzw. Anteilen an Kapitalgesellschaften im Dschungel der gesetzlichen Vorschriften das begünstigte Vermögen i. S. des § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG sowie das steuerpflichtige Vermögen exakt und zeitsparend ermitteln zu können, sollten Sie die Ihnen in der Prüfung zur Verfügung stehenden Hilfsmittel effizient nutzen.

KLAUSURTIPP 

Gehen Sie bei der Ermittlung des begünstigten Vermögens und des steuerpflichtigen Vermögens konsequent nach dem Ermittlungsschema in R E 13b.9 Abs. 2 ErbStR vor. Dieses führt Sie zielgerichtet durch jeden einzelnen Berechnungsschritt.

Ein grober Aufbaufehler liegt vor, wenn im wirtschaftlichen Zusammenhang mit einzelnen Vermögenspositionen stehende Schulden bereits beim Ansatz dieser Vermögenspositionen i. R. des Vermögensanfalls mindernd berücksichtigt werden, bspw. beim Übergang eines Grundstücks, auf dem eine Hypothek lastet. Die Hypothek ist systematisch erst i. R. der Nachlassverbindlichkeiten nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG zu berücksichtigen.4

 

Zu 2b): Ermittlung des Werts der Bereicherung 

Um nach der Ermittlung des Vermögensanfalls den Wert der Bereicherung zu berechnen, sind abzugsfähige Nachlassverbindlichkeiten mindernd zu berücksichtigen. Dabei müssen Sie bei einem Erwerb von Todes wegen stets der Reihe nach prüfen, ob Nachlassverbindlichkeiten nach § 10 Abs. 5 Nr. 1, Nr. 2 und/oder Nr. 3 ErbStG abzugsfähig sind. 

Ein grundlegendes Verständnisproblem haben Prüflinge darüber hinaus regelmäßig mit der Ermittlung des Werts der Bereicherung bei einer Schenkung unter Lebenden.

KLAUSURTIPP 

Beachten Sie: Im Unterschied zu einem Erwerb von Todes wegen kann es bei Schenkungen unter Lebenden keine abzugsfähigen Nachlassverbindlichkeiten geben!

So ist die Bereicherung bei einer freigebigen Zuwendung i. S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG unmittelbar aus dem Besteuerungstatbestand dieser Vorschrift abzuleiten. Liegt eine gemischte Schenkung bzw. eine Schenkung unter Auflage vor, ist die Gegenleistung bzw. Auflage vom Steuerwert der Leistung des Schenkers entsprechend abzuziehen. Für die Begründung ist auf R E 7.4 ErbStR zurückzugreifen. 

Abzugsfähig sind des Weiteren auch im Fall einer Schenkung unter Lebenden (und analog zur Regelung des § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG) angefallene Erwerbsnebenkosten (H E 10.7 Behandlung von Erwerbsnebenkosten, Steuerberatungskosten und Rechtsberatungskosten im Zusammenhang mit einer Schenkung ErbStH bzw. R E 7.4. Abs. 4 ErbStR und H E 7.4 Abs. 4 ErbStH). Hinsichtlich der Abzugsfähigkeit von Schulden und Lasten ist stets zu prüfen, ob diese in wirtschaftlichem Zusammenhang mit Vermögenspositionen stehen, die bei der Besteuerung nicht angesetzt werden oder vollständig bzw. teilweise von der Besteuerung befreit sind (§ 13 Abs. 1 Nr. 4b bzw. Nr. 4c ErbStG, §§ 13a, 13c und § 13d ErbStG). In diesen Fällen ist die Abzugsfähigkeit nach § 10 Abs. 6 Satz 1–4 ErbStG ausgeschlossen bzw. begrenzt.5 Liegt gerade kein wirtschaftlicher Zusammenhang (z. B. geltend gemachte Pflichtteilsansprüche) vor, ist § 10 Abs. 6 Satz. 5 ff. ErbStG zu beachten. 

Bei Erbfallkosten gem. § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG müssen Sie die konkrete Höhe dieser Kosten lt. Sachverhalt prüfen. Vergessen Sie dabei nicht, Grabpflegekosten als Leistungen von unbestimmter Dauer mit ihrem nach § 13 Abs. 2 BewG berechneten Kapitalwert in die Kostenermittlung einzubeziehen. Liegen die Aufwendungen insgesamt unter 10.300 € bzw. im Klausursachverhalt fehlen konkrete Angaben zur Kostenhöhe, kann der Pauschbetrag von 10.300 € (ab 2025: 15.000 €) abgezogen werden (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG). Liegen diese Kosten nachweislich höher als der Pauschbetrag, können sie in voller Höhe abgezogen werden.

KLAUSURTIPP 

Der Pauschbetrag nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG ist nur abziehbar, wenn dem Erwerber dem Grunde nach solche Kosten entstanden sind, ihre Höhe aber nicht nachgewiesen ist, und dieser sich auf den gesamten Erbfall bezieht. Dies bedeutet, dass der Pauschbetrag auch bei mehreren Erwerbern insgesamt nur einmal in Anspruch genommen werden kann (R E 10.9 Abs. 1 und 3 ErbStR).

Häufiger wird zudem bei der Prüfung des Abzugs von Erbfallkosten – entweder über den Pauschbetrag oder mit den anfallenden höheren Kosten – übersehen, dass in diese Berechnung auch anfallende Steuerberatungskosten für die Erstellung der Erbschaftsteuererklärung/Feststellungserklärungen einzubeziehen sind und nicht neben dem Pauschbetrag abgezogen werden dürfen (H E 10.7 Steuerberatungskosten … bei der Erbschaftsteuer ErbStH).

KLAUSURTIPP 

Denken Sie daran, dass es bei einer Schenkung unter Lebenden im Unterschied zu einem Erwerb von Todes wegen keinen Pauschbetrag für den Abzug von Erwerbsnebenkosten gibt!

c) Fehler bei der Bewertung

Erfahrungsgemäß ist der Bewertungsteil in einer Erbschaftsteuerklausur nicht besonders schwer. Trotzdem werden hier regelmäßig nicht die erreichbaren Punkte erzielt. Nicht ausreichend als Lösung ist eine Auflistung von Rechtsvorschriften verbunden mit der Angabe eines Werts. 

Verschenken Sie nicht derart leicht erreichbare Punkte! Eine gute Lösung zeichnet sich vielmehr durch drei Elemente aus: 

  • einen kurzen Hinweis, was warum zu bewerten ist,
  • eine exakte Angabe der maßgebenden Vorschrift (Gesetz, ggf. Richtlinie/Erlass),
  • den Wert, der sich nach der maßgebenden Vorschrift ergibt.

Essenziell ist es dabei, dass Ihnen die unterschiedlichen Strukturen sowohl der Bewertung von Grundvermögen als auch der Bewertung von Betriebsvermögen bzw. nichtnotierten Anteilen an Kapitalgesellschaften in „Fleisch und Blut“ übergehen.

KLAUSURTIPP 

Nehmen Sie i. R. Ihrer Lösung neben der gesonderten Wertfeststellung nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 bzw. Nr. 3 BewG auch zu gesonderten Feststellungen nach § 151 Abs. 2 Nr. 1 (Art – nur bei Grundstücken) und Abs. 2 Nr. 2 BewG (Zurechnung) kurz Stellung!

aa) Grundvermögen 

Ist ein bebautes Grundstück zu bewerten, wird die Bewertung vorrangig nach dem Ertragswert- oder dem Sachwertverfahren vorzunehmen sein. Unschätzbarer Vorteil hierbei ist, dass Ihnen Ermittlungsschemata als konkrete Handlungsanleitungen zur Verfügung stehen!

KLAUSURTIPP 

Nutzen Sie für die Ermittlung des Grundbesitzwerts nach dem Ertragswertverfahren das Ermittlungsschema in Rz. 16 AEBew JStG 2022 und nach dem Sachwertverfahren das Ermittlungsschema in Rz. 34 AEBew JStG 2022. Damit sind Ihnen die Berechnungsschritte einschließlich der dafür heranzuziehenden gesetzlichen Vorschriften stringent vorgegeben. Beachten Sie jedoch, dass Besonderheiten dort nicht abgebildet werden, wie z. B. die Berücksichtigung von Modernisierungsmaßnahmen bei der Ermittlung der Restnutzungsdauer oder die Behandlung übergroßer Flächen im Ertragswertverfahren.

Vergessen Sie auch nicht, abschließend auf § 198 BewG einzugehen. Weist demnach der Stpfl. einen niedrigeren gemeinen Wert nach, ist dieser Wert anzusetzen. Ist im Klausursachverhalt z. B. ein Gutachterwert vorgegeben, ist es einfach, daran zu denken, einen Abgleich vorzunehmen. Fehlt es jedoch an einer entsprechenden Angabe, müssen Sie daran denken, trotzdem eine entsprechende Würdigung vornehmen. 

bb) Betriebsvermögen und nicht notierte Anteile an Kapitalgesellschaften 

Die Bewertung läuft hier auf die Anwendung des vereinfachten Ertragswertverfahrens und/oder die Substanzwertermittlung hinaus. Anhand der Sachverhaltsangaben müssen Sie eigenständig erkennen, was diesbzgl. von Ihnen erwartet wird. Dazu wird nicht ausdrücklich aufgefordert! 

Die Ermittlung des zukünftig nachhaltig erzielbaren Jahresertrags i. R. der Ertragswertermittlung (§ 200 Abs. 1 BewG) bereitet unter maßgeblicher Anwendung der §§ 201, § 202 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1–3 BewG regelmäßig wenig Probleme. Die dem Ertragswert hinzuzurechnenden und einzeln zu bewertenden Posten gem. § 200 Abs. 2–4 BewG werden dagegen gerne einmal vergessen.

KLAUSURTIPP 

Eine Orientierungshilfe für die Ermittlung des Werts nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren bietet das Ermittlungsschema in R B 200 Abs. 1 ErbStR.

Als Mindestwert ist der Substanzwert gem. § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG anzusetzen. Der nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren ermittelte Wert ist somit noch mit dem Substanzwert abzugleichen. Ist ein Substanzwert nicht vorgegeben und auch wegen fehlender Einzelangaben nicht ermittelbar, sollten Sie in der Klausurlösung zumindest darauf hinweisen, dass die Mindestwertprüfung mangels Angaben nicht möglich ist. Regelmäßig ist der Substanzwert jedoch zu ermitteln, mit der Problematik, dass auf den Bewertungsstichtag ein Zwischenabschluss nicht vorliegt.

KLAUSURTIPP 

Nutzen Sie für die Ermittlung des Substanzwerts R B 11.5 und R B 11.6 bzw. R B 109.3 ErbStR mit konkreten Handlungsanleitungen für den Ansatz und die Bewertung der einzelnen Positionen inkl. der zu berücksichtigenden Besonderheiten und Vereinfachungen.

cc) Übriges Vermögen 

Die Bewertung solcher Vermögenspositionen, wie Hausrat und andere bewegliche körperliche Gegenstände, Sachleistungsansprüche und Wertpapiere ist unproblematisch und ein einfacher Punktebringer. Herausfordernder ist hingegen die vom Nennwert abweichende Bewertung von Kapitalforderungen (respektive Schulden) mit dem Gegenwartswert, die regelmäßig ihren Niederschlag in Prüfungsklausuren findet, allerdings im Verhältnis zur relativ zeitintensiven Berechnung verhältnismäßig wenig Punkte bringt. Gleiches kann für Rentenberechnungen bezogen auf mehrere Personen konstatiert werden.

KLAUSURTIPP 

Für die Bewertung von Kapitalforderungen bzw. Kapitalschulden sowie von wiederkehrenden und lebenslänglichen Nutzungen und Leistungen ist der Erlass … betr. Bewertung von Kapitalforderungen und Kapitalschulden sowie von Ansprüchen/Lasten bei wiederkehrenden Nutzungen und Leistungen für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer“ v. 9.9.20226 ein unerlässliches Hilfsmittel. Die Anwendung dieses Erlasses müssen Sie für die Prüfung beherrschen!

d) Fehlerquellen in den Kleinigkeiten

Gerade in der Erbschaftsteuerklausur sollten für die Darstellung der Lösung an vielen Stellen vorzugsweise Standardformulierungen genutzt werden, wie z. B. im Einleitungsteil bei der „Steuerpflicht“ oder in den zur Bewertung von Grundvermögen bzw. Betriebsvermögen hinführenden Lösungsansätzen.

KLAUSURTIPP 

Trainieren Sie die typischen Standardformulierungen in Ihrer Prüfungsvorbereitung, so dass Sie diese – natürlich angepasst an den konkreten Prüfungssachverhalt – in der Prüfungsklausur zeitsparend sofort abrufen können. Musterformulierungen finden Sie bei Lehmann, SteuerStud 6/2024 S. 376 NWB UAAAJ-64874 (Grundvermögen) und SteuerStud 6/2023 S. 380 NWB OAAAJ-36438 (Betriebsvermögen/nicht notierte Anteile an Kapitalgesellschaften).

Eines Ausformulierens Ihrer Lösungsansätze in kurzen prägnanten Sätzen bedarf es m. E. nur an bestimmten Stellen, wie der Steuerpflicht oder des Einleitungsteils zur Bewertung von Grund- bzw. Betriebsvermögen. Bei der Bewertung selbst sollten Sie sich aus Zeitgründen auf kurze Darstellungen des Lösungsansatzes mit Schlagworten beschränken. 

Allerdings genügt es nie, nur das Ergebnis zu präsentieren! In der Prüfungsklausur werden die Punkte vor allem auf dem zutreffenden Lösungsweg zu dem (hoffentlich richtigen) Ergebnis erzielt. Begründen Sie, wie und warum Sie zu dem jeweiligen Lösungsansatz gekommen sind. Denken Sie daran, dass es erfahrungsgemäß ohne Begründung und ohne Berechnung (fast) keine Punkte gibt. Entwickeln Sie i. R. der Klausurroutine darüber hinaus ein Gespür dafür, wann es punktebringend ist, in der Darstellung Ihres Lösungswegs auch auf sog. Negativabgrenzungen einzugehen. 

BEISPIELE Kommen wir hier noch einmal auf das bereits angeführte Beispiel der Steuerbefreiung des selbstgenutzten Familienheims nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG zurück. Wenn keine Selbstnutzung durch das begünstigte Kind im Sachverhalt ersichtlich ist, sollte Ihre Lösung zumindest einen Hinweis auf diese mögliche Steuerbefreiungsvorschrift mit einem begründenden Negativverweis enthalten. 

Entsprechendes gilt, wenn i. R. des Vermögensanfalls ein Sachleistungsanspruch, wie z. B. ein Anspruch auf Lieferung eines Smartphones oder eines Pkw, zu berücksichtigen ist. Erfahrungsgemäß empfiehlt es sich, begründend auf die Nichtanwendung des § 13 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG in der Lösung hinzuweisen. Hingegen hat die Erfahrung gezeigt, dass beim Übergang von Wertpapieren, Bankguthaben, Festgeldkonten etc. auf die Nichtanwendbarkeit der Befreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 ErbStG) nicht explizit hinzuweisen ist. 

In der Erbschaftsteuerklausur sind viele Berechnungen vorzunehmen. Die Gefahr von Rechenfehlern ist groß. Das sollten Sie aber nicht überbewerten. Bedenken Sie, dass die Wertungspunkte nicht allein für einen korrekt berechneten Wert vergeben werden. Gleiches gilt für die Frage, bis zu welcher Nachkommastelle zu berechnen sowie ob und wann zu runden ist. Denken Sie jedoch daran, dass erst der steuerpflichtige Erwerb auf volle 100 € nach unten abzurunden ist und nicht bereits der Wert der Bereicherung!

KLAUSURTIPP 

In Bezug auf Rundungen bei den Berechnungen verweist im Gesetz lediglich § 10 Abs. 1 Satz 6 ErbStG darauf, dass der ermittelte steuerpflichtige Erwerb auf volle 100 € nach unten abzurunden ist. Ergänzend dazu sieht die Verwaltung in H E 10.1 Abrundung/Aufrundung ErbStH vor, dass bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs oder der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer, wenn sich Euro-Beträge mit Nachkommastellen ergeben, diese in der für den Stpfl. günstigsten Weise auf- bzw. abzurunden sind. Analog verhält es sich mit dem Hinweis bzgl. der Bewertung von Grundvermögen in H B 177 ErbStH sowie sowie in H B 179.3 Abs. 1 ErbStH. Halten Sie sich daran!

e) „Randgebiete“ vernachlässigt

Natürlich sollten Sie sich fachlich in erster Linie auf die „Dauerbrenner“ konzentrieren (vgl. hierzu daher ausführlich unter Kap. II.). Die Prüfungsklausuren der letzten Jahre haben aber gezeigt, dass der Gestaltungsspielraum der Klausurerstellung vielfältiger geworden ist. 

Folglich sollten Sie in Ihrer Prüfungsvorbereitung auch die „Randgebiete“ lernen, ohne dafür überproportional viel Zeit aufzuwenden. 

Dazu gehören z. B. Vorschriften, die Einfluss auf die festzusetzende Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer haben, wie etwa § 14 ErbStG (Berücksichtigung früherer Erwerbe), § 21 ErbStG (Anrechnung ausländischer Erbschaftsteuer), § 27 ErbStG (mehrfacher Erwerb desselben Vermögens) oder das Wahlrecht für die Besteuerung von Renten, Nutzungen und Leistungen nach § 23 ErbStG. Die Tarifbegrenzung nach § 19a ErbStG konnte in den Prüfungsklausuren bis einschließlich 2022 keine Anwendung finden, weil der Besteuerung stets die Steuerklasse I zugrunde lag. In der Klausur 2023 wäre wegen Steuerklasse III hierfür Raum gewesen, jedoch lag kein begünstigtes Vermögen vor. Zu denken wäre auch an die Berücksichtigung und Berechnung einer fiktiven Zugewinnausgleichsforderung nach § 5 Abs. 1 ErbStG, die beim überlebenden Ehegatten nicht der Besteuerung nach § 3 ErbStG unterliegt.

II. Auswertung der Prüfungsschwerpunkte

1. Allgemeines

Wie bereits erläutert ist die „gemischte“ Klausur am ersten Prüfungstag mit seinen regelmäßig drei Steuerrechtsgebieten u. a. hinsichtlich des Zeitmanagements die schwierigste. Seit der Prüfung 2022 gibt es in den Prüfungsklausuren aber zumindest den für das Zeitmanagement hilfreichen Ausweis der groben Punkteverteilung für die einzelnen Teilgebiete und Sachverhalte. Im Erbschaftsteuerteil (mit 30 Punkten) hat sich dies bisher wie folgt widergespiegelt: 

  • In der Prüfungsklausur 2022 beschränkte sich dieser Ausweis für den hier vorliegenden „Teil III Erbschaftsteuer“ noch aufgrund des zu beurteilenden Gesamtsachverhalts auf die max. erreichbare Gesamtpunktzahl von 30 Punkten.
  • In der Prüfungsklausur 2023 wurde dieser Ausweis für den „Teil III Erbschaftsteuer“ verfeinert, so dass bei dem zweigeteilten Sachverhalt 5 Punkte für die Ermittlung der festzusetzenden Schenkungsteuer und 25 Punkte für die Ermittlung der festzusetzenden Erbschaftsteuer zu erreichen waren. Damit war erstmals ein Anhaltspunkt für die Gewichtung der beiden zu bearbeitenden Teilaufgaben gegeben.
  • In der Prüfungsklausur 2024 wurde die Punkteverteilung wiederum präzisiert. 16 Punkte entfielen auf die gesonderten Feststellungen und 14 Punkte auf die Ermittlung der Erbschaftsteuer.

Aufgrund der Bearbeitungszeit von insgesamt sechs Zeitstunden und max. zu erreichenden 100 Punkten verbleiben Ihnen für die Bearbeitung des Erbschaftsteuerteils mit seiner zu erreichenden Punktzahl von 30 Punkten etwa 1 Stunde und 48 Minuten, was sehr „sportlich“ ist.

Hinsichtlich der Aufgabenstellung stellt sich die Entwicklung in den letzten Jahren wie folgt dar: 

  • Nachdem bis zum Prüfungsjahr 2019 stets jeweils ein Gesamtsachverhalt eines Erwerbs von Todes wegen zu beurteilen war (Aufgabenstellung: „Ermitteln Sie […] die zutreffend festzusetzende Erbschaftsteuer für den/die Erben.“), sorgte die Prüfungsklausur 2020 für eine Überraschung, denn dem zu beurteilenden Sachverhalt lag eine Schenkung unter Lebenden zugrunde. Die Aufgabenstellung lautete: „Ermitteln Sie die […] festzusetzende Schenkungsteuer.“
  • In der Prüfungsklausur 2021 kehrte der Klausurersteller wieder zu einem zu beurteilenden Gesamtsachverhalt eines Erwerbs von Todes wegen zurück. Anders als in den Klausuren vor 2020 stellte jedoch lt. Aufgabenstellung der zu ermittelnde steuerpflichtige Erwerb bereits den Schlusspunkt der Lösung dar: „Ermitteln Sie den steuerpflichtigen Erwerb für den/die Erben.“
  • Auch in der Prüfungsklausur 2022 war ein Gesamtsachverhalt eines Erwerbs von Todes wegen zu beurteilen. Die Aufgabenstellung lautete: „Nehmen Sie zur Steuerpflicht Stellung und ermitteln Sie für Zwecke der Erbschaftsteuer die für die Erbin anfallende Bereicherung.“
  • In der Prüfungsklausur 2023 war zunächst ein Schenkungsfall (5 Punkte) und sodann ein kurze Zeit später folgender Erwerb von Todes wegen (25 Punkte) für dieselben Personen (Schenker = Erblasser und Beschenkter = Erbe) zu beurteilen, so dass ein Fall des § 14 ErbStG vorlag. Die Aufgabenstellung zielte darauf ab, die festzusetzende Schenkungsteuer und Erbschaftsteuer zu ermitteln.
  • In der Prüfungsklausur 2024 war wieder ein Gesamtfall eines Erwerbs von Todes wegen zu beurteilen und die festzusetzende Erbschaftsteuer zu ermitteln.

Ausgehend von der Aufgabenstellung, die festzusetzende Erbschaftsteuer oder Schenkungsteuer zu ermitteln oder „nur“ die Bereicherung bzw. den steuerpflichtigen Erwerb, folgt der Aufbau der Klausur einer festen Lösungsstruktur (vgl. hierzu bereits Kap. I.2.b)). An dieser Struktur (Steuerpflicht, Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs, festzusetzende Erbschaftsteuer/Schenkungsteuer) orientiert sich daher auch die nachfolgende Themenauswertung.

2. Prüfungsjahre 2024–2020

HINWEIS 

Nachdem die Originalklausuren seit dem Prüfungsjahr 2015 nicht mehr veröffentlicht worden waren, entschied die Finanzverwaltung im letzten Jahr, beginnend mit den Texten des Prüfungszeitraums 2021/2022, die Aufgabentexte zur Steuerberaterprüfung wieder zu veröffentlichen, allerdings mit einem zeitlichen Nachlauf von mehr als zwei Jahren. Für die weitere Klausurvorbereitung stellt die BStBK auf ihrer Homepage unter https://www.bstbk.de/de/berufsbild-steuerberater/dersteuerberater/ steuerberaterpruefung eigene, unverbindliche Lösungsvorschläge nach aktuellem Rechtsstand zur Verfügung, die sehr hilfreich, aber länger als die von Ihnen erwartete Lösung sind. Alle Informationen zu den übrigen Prüfungsjahren in diesem Beitrag basieren auf Berichten von Teilnehmenden. Nutzen Sie die nachfolgende Themenauswertung als Ihre persönliche „Checkliste“ und prüfen Sie, welche Prüfungsschwerpunkte Sie sich noch erarbeiten müssen.

a) Steuerpflicht

Sachliche Steuerpflicht: In den Prüfungsklausuren 2019, 2021, 2022 und 2024 war jeweils ein Gesamtfall eines Erwerbs von Todes wegen durch Erbanfall (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 i. V. mit § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) zu beurteilen. Erbe war i. d. R. entweder die Ehefrau (2018, 2021, 2022) oder das Kind (2019), also jeweils ein Erwerber der Steuerklasse I, nicht jedoch 2024, als ein Erwerber der Steuerklasse II (Bruder) involviert war. Lediglich der Prüfungsklausur 2020 lag ein Gesamtfall einer Schenkung unter Lebenden durch freigebige Zuwendung (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 i. V. mit § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) vom Vater an den Sohn zugrunde. In der Prüfungsklausur 2023 wurden beide prüfungstypischen steuerpflichtigen Vorgänge – Schenkung unter Lebenden durch freigebige Zuwendung und Erwerb von Todes wegen durch Erbanfall – in einem Klausurfall vereint. Zudem handelte es sich um einen Erwerber der Steuerklasse III. 

Persönliche Steuerpflicht: In allen Klausuren in den letzten fünf Jahren hatte entweder der Erblasser oder der Erwerber einen Wohnsitz im Inland i. S. des § 8 AO, so dass stets eine unbeschränkte persönliche Steuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a ErbStG gegeben war. 

Im Rahmen der Steuerpflicht war weiter auf die Entstehung der Steuer, den Bewertungsstichtag sowie die Steuerschuldnerschaft einzugehen. 

b) Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs

aa) Prüfungsjahr 2024

Vermögensanfall: 

  • Betriebsvermögen (OHG-Beteiligung) – Wertermittlung für das Gesamthandsvermögen nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren und Substanzwertermittlung bei fehlendem Zwischenabschluss auf den Bewertungsstichtag, Sonderbetriebsvermögen (GmbH-Anteile), Ermittlung des gemeinen Werts des Anteils nach § 97 Abs. 1a BewG, begünstigungsfähiges Vermögen gem. § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG, jedoch kein begünstigtes Vermögen, da der Anteil des Verwaltungsvermögens über 90 % lag (§ 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG);
  • Grundvermögen in Form eines gemischt genutzten Grundstücks – vorgegebener Grundbesitzwert, anteilige Steuerbefreiung nach § 13d ErbStG;
  • Übriges Vermögen – Darlehensforderung (unverzinslich, Tilgung in Raten): Ansatz bei einer Laufzeit von mehr als einem Jahr mit dem vom Nennwert abweichenden Gegenwartswert unter Berücksichtigung einer Aufschubzeit; Bankguthaben. 
     

Nachlassverbindlichkeiten/Wert der Bereicherung: 

  • § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG – Kaufpreisschuld bzgl. des Grundstücks in Form einer lebenslangen Rente mit sich über die Laufzeit verminderten Zahlungsbeträgen;
  • § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG – Abzug mit dem Pauschbetrag.

bb) Prüfungsjahr 2023

(1) Schenkung unter Lebenden durch freigebige Zuwendung (Vollschenkung) 

Wert der Bereicherung:

  • Schenkungsgegenstand – ein zu Wohnzwecken vermietetes Einfamilienhaus mit vorgegebenem Grundbesitzwert, Steuerbefreiung nach § 13d ErbStG;
  • bereicherungsmindernder Abzug der angefallenen Erwerbsnebenkosten, da Übernahme durch den Beschenkten.
     

Steuerpflichtiger Erwerb: 

  • Besteuerung nach Steuerklasse III.

 

(2) Erwerb von Todes wegen durch Erbanfall Vermögensanfall: 

  • Betriebsvermögen (Einzelunternehmen) – vorgegebener Gutachterwert nach IDW S1-Verfahren, Substanzwertermittlung bei fehlendem Zwischenabschluss auf den Bewertungsstichtag, Begünstigungsprüfung nach §§ 13a, 13b ErbStG inkl. gesonderter Feststellung gem. § 13b Abs. 10 ErbStG, begünstigungsfähiges Vermögen gem. § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG, jedoch kein begünstigtes Vermögen, da der Anteil des Verwaltungsvermögens über 90 % lag (§ 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG);
  • Grundvermögen in Form einer Eigentumswohnung – vorgegebener Grundbesitzwert, Steuerbefreiung nach § 13d ErbStG;
  • Übriges Vermögen – Versicherungszahlung bzgl. Pkw- Schaden und Bankguthaben;
  • Besonderheit – nicht zum Nachlass gehörender Auszahlungsanspruch aus einer Lebensversicherung, weil dieser direkt dem vertraglich bezugsberechtigten Sohn des Erblassers zufloss; daher auch Verzicht auf die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs.
     

Nachlassverbindlichkeiten/Wert der Bereicherung: 

  • § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStGVermächtnis gegenüber einem Mitarbeiterehepaar in Form jeweils eigener Rentenansprüche (mit auflösender Befristung, aufschiebender Bedingung), nur anteilig abzugsfähig gem. § 10 Abs. 6 Satz 5 ErbStG; Pflichtteilsanspruch des Sohns – kein Abzug, da nicht geltend gemacht (s. o.);
  • § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG – Abzug mit dem Pauschbetrag.


Hinzurechnung des Vorerwerbs – Grundstücksschenkung. 

Steuerpflichtiger Erwerb: 

  • Abzug des persönlichen Freibetrags nach § 16 Abs. 1 Nr. 7 ErbStG, da Steuerklasse III;
  • Berechnung der fiktiven Abzugssteuer, die der tatsächlichen Steuer für den Vorerwerb entsprach, da zwischenzeitlich keine Veränderung der persönlichen Verhältnisse (§ 14 Abs. 1 Satz 2 und 3 ErbStG) eingetreten war, und Prüfung der Mindeststeuer nach § 14 Abs. 1 Satz 4 ErbStG.

cc) Prüfungsjahr 2022

Vermögensanfall: 

  • Betriebsvermögen (KG-Beteiligung) – Wertermittlung für das Gesamthandsvermögen nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren, vorgegebener Substanzwert, Sonderbetriebsvermögen (Pkw), Ermittlung des gemeinen Werts des Anteils nach § 97 Abs. 1a BewG, Begünstigung nach §§ 13a, 13b ErbStG (Optionsverschonung) inkl. gesonderter Feststellung gem. § 13b Abs. 10 ErbStG;
  • Erbbaugrundstück – Ermittlung des Bodenwertanteils (§ 194 Abs. 3 BewG, nach der finanzmathematischen Methode, mit abweichenden Geschossflächenzahlen), Vereinbarung einer vollen Entschädigung für das zu Wohnzwecken vermietete Gebäude bei Ablauf des Erbbaurechts, kein § 13d ErbStG;
  • Übriges Vermögen – Sachleistungsanspruch auf Lieferung eines Grundstücks sowie Hausrat;
  • Besonderheit – nicht zum Nachlass gehörende (hälftige) Leistung aus einer Lebensversicherung (gemeinsamer Vertrag der Ehegatten), § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG (für die Erbin neben [!] ihrem Erwerb durch Erbanfall nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG).


Nachlassverbindlichkeiten/Wert der Bereicherung: 

  • § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStGKaufpreisschuld bzgl. des zu erwerbenden Grundstücks.

dd) Prüfungsjahr 2021

Vermögensanfall: 

  • GmbH-Anteile (30 %) – Wertermittlung für das Betriebsvermögen der GmbH nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren und Substanzwertermittlung bei fehlendem Zwischenabschluss auf den Bewertungsstichtag (§ 97 Abs. 1b BewG), Begünstigungsprüfung nach §§ 13a, 13b ErbStG inkl. gesonderter Feststellung gem. § 13b Abs. 10 ErbStG, begünstigungsfähiges Vermögen gem. § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG, jedoch kein begünstigtes Vermögen, weil der Anteil des Verwaltungsvermögens über 90 % lag (§ 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG);
  • AG-Anteile – vorgegebener gemeiner Wert, begünstigungsfähiges Vermögen i. S. des § 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 ErbStG durch eine Poolvereinbarung nach Satz 2, Verstoß gegen die Behaltefrist gem. § 13a Abs. 6 Satz 1 Nr. 4 ErbStG im ersten Jahr, so dass eine Steuerbefreiung nach § 13a ErbStG entfällt;
  • Grundstück mit vorgegebenem Grundbesitzwert (!) – (anteilige) Prüfung der Anwendung der Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG, ggf. nach § 13d ErbStG, aber Verstoß gegen die zehnjährige Selbstnutzungsfrist für das selbstgenutzte Familienheim gem. § 13 Abs. 1 Nr. 4b Satz 5 ErbStG im ersten Jahr, so dass eine Steuerbefreiung entfällt;
  • Übriges Vermögen – Bargeld/Girokonto.


Nachlassverbindlichkeiten/Wert der Bereicherung: 

  • § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG – Abzug einer unverzinslichen Darlehensschuld (Fall des § 10 Abs. 3 ErbStG) mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr mit dem vom Nennwert abweichenden Gegenwartswert unter Berücksichtigung einer Aufschubzeit;
  • § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG auflösend bedingtes Vermächtnis gegenüber dem Sohn, wobei die auflösende Bedingung im Besteuerungszeitpunkt bereits eingetreten war; ein ggf. bestehender Pflichtteilsanspruch wurde nicht geltend gemacht;
  • § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG – Abzug der über dem Pauschbetrag gem. § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG liegenden Erbfallkosten inkl. Grabpflegekosten, deren Kapitalwert nach § 13 Abs. 2 Alternative 2 BewG zu berechnen war.


Steuerpflichtiger Erwerb: 

  • Abzug des persönlichen Freibetrags nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG;
  • Berücksichtigung des besonderen Versorgungsfreibetrags nach § 17 Abs. 1 ErbStG, vermindert um den nach § 14 Abs. 1 BewG zu berechnenden Kapitalwert einer nicht der Erbschaftsteuer unterliegenden Witwenrente.

ee) Prüfungsjahr 2020

Wert der Bereicherung: 

  • Einziger (!) Schenkungsgegenstand: GmbH-Anteile (15 %) – Wertermittlung für das Betriebsvermögen der GmbH nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren und Substanzwertermittlung bei fehlendem Zwischenabschluss auf den Bewertungsstichtag, integrierte gesonderte Feststellung des Grundbesitzwerts für ein Betriebsgrundstück – Sonderfall der Bewertung von Grundstücken: Erbbaugrundstück (Wertermittlung nach der finanzmathematischen Methode, § 194 Abs. 3 BewG), § 97 Abs. 1b BewG, kein begünstigungsfähiges Vermögen gem. § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG;
  • Abzug von Erwerbsnebenkosten, die vom Beschenkten zu tragen waren, als Folgekosten dieser Vollschenkung;
  • Besonderheit – Verpflichtung des Schenkers zur Übernahme der Schenkungsteuer (§ 10 Abs. 2 ErbStG), d. h., die ermittelte Schenkungsteuer war dem Wert der Bereicherung vor der Steuerübernahme hinzuzurechnen; sodann waren der endgültige steuerpflichtige Erwerb und die letztendlich festzusetzende Schenkungsteuer zu berechnen.

Hauptthemenfelder 2024–2015

Prüfungsjahr

2024

2023

2022

2021

2020

2019

2018

2017

2016

2015

Anzahl der Sachverhalte

1

2

1

1

1

1

1

1

1

1

Steuerpflicht (Vorspann)

 ►    Sachliche Steuerpflicht

    -      Erwerb von Todes wegen durch Erbanfall 

(§ 1 Abs. 1 Nr. 1 i. V. mit § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG)

X

X

X

X

 

X

X

X

X

X

    -        Schenkung unter Lebenden durch freigebige Zuwendung 

(§ 1 Abs. 1 Nr. 2 i. V. mit § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG)

 

X

 

 

X

 

 

 

 

 

 ►    Persönliche Steuerpflicht

-     Unbeschränkte Steuerpflicht (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a ErbStG, mit Verweis auf § 20 Abs. 1 Satz 1 

ErbStG – Steuerschuldnerschaft)

X

X

X

X

X

X

X

 

X

X

-     Beschränkte Steuerpflicht (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG, mit Verweis auf § 20 Abs. 1 Satz 1 ErbStG – Steuerschuldnerschaft)

 

 

 

 

 

 

 

X

 

 

►  Entstehung der Steuer (§ 9 Abs. 1 Nr. 1, 2 ErbStG), Bewertungsstichtag (§ 11 ErbStG) in …

2023

2022

2021

2020

2019

2018

2017

2016

2015

2014

Steuerklasse des Erwerbers = Erbe bzw. Beschenkter   (§ 15 Abs. 1 ErbStG)

II

III

I

I

I

I

I

I

I

I

(EF = Ehefrau, K = Kind)

Bruder

Freund

EF

EF

K

K

EF

K

EF

K

Hauptteil – Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs und der festzusetzenden ErbSt (§ 10 ErbStG i. V. mit R E 10.1 ErbStR)

Vermögensanfall

 ►    Grundvermögen (GV) / Betriebsgrundstück (BG)

GV

GV

GV

GV

BG

GV

GV

BG

GV

GV

    -       Bewertung (§ 12 Abs. 3 ErbStG) – Grundbesitzwert

        •     Unbebautes Grundstück

 

 

 

 

 

 

 

X

 

 

     Bebautes Grundstück: Ertragswertverfahren  (§§ 184–188 BewG), Sachwertverfahren (SV)

 

 

 

 

 

 

X

 

 

X (SV)

             Sonderfall

 

 

X

 

X

X

 

 

 

 

    -       Anwendung sachlicher Steuerbefreiungen 

(bzw. Negativabgrenzung)

              § 13 Abs. 1 Nr. 4b bzw. Nr. 4c ErbStG

 

 

 

X (neg.)

 

 

X (neg.)

 

X

X (neg.)

              § 13d ErbStG bzw. § 13c ErbStG a. F.

X

X

X (neg.)

X

 

 

X

 

 

X

►  Betriebsvermögen (EU bzw. Beteiligung an PersGes) /  Anteile an KapGes (GmbH, AG)

OHG

EU

KG

GmbH + AG

GmbH

OHG

EU

GmbH

EU

EU

    -     Bewertung (§ 12 Abs. 5 bzw. Abs. 2 ErbStG) – gemeiner Wert

GHV

 

GHV

GmbH

 

 

 

 

 

 

              vereinfachtes Ertragswertverfahren (§§ 199–203 BewG)

X

 

X

X

X

 

 

 

X

X

               Substanzwertermittlung (§ 11 Abs. 2 Satz 3 BewG)

X

X

X

X

X

 

X

X

 

 

              Ermittlung des Anteils an PersGes (§ 97 Abs. 1a BewG)

(mit SBV)

 

(mit SBV)

 

 

(mit SBV)

 

 

 

 

-             Anwendung der sachlichen Steuerbefreiungen nach §§ 13a, 13b ErbStG bzw. §§ 13a, 13b ErbStG i. d. F. bis 30.6.2016

 

X (neg.)

 

X/X 

(neg.)

X (neg.)

 

 

 

 

 

              Regelverschonung

X

 

 

 

 

 

X

 

 

X

              Optionsverschonung

(neg.)

 

X

 

 

X

 

 

X

 

 ►   Übriges Vermögen

    -       Bewertung (§ 12 Abs. 1 ErbStG) / sachliche 

Steuerbefreiungen

               Kapitalforderungen – Nennwert (§ 12 Abs. 1 BewG) 

(Bankguthaben und z. T. Zinsberechnung / Kaufpreis-, Mietforderung)

X

 

X

 

X

X

 

 

X

              Lebensversicherung (§ 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG) 

(Negativabgrenzung – nicht Bestandteil der Erbmasse)

 

X (neg.)

X

 

 

 

 

 

 

 

               Sachleistungsanspruch – gemeiner Wert (§ 9 BewG) 

(z. T. mit Negativverweis auf § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b ErbStG)

 

 

X

 

 

 

 

 

 

X

III. Ausblick: Schriftliche Steuerberaterprüfung 2025

Die Auswertung der Prüfungsklausuren der letzten Jahre zeigt, dass die Erbschaftsteuerklausur aufgrund der weitestgehend gleichen Aufgabenstellung und sich wiederholenden inhaltlichen Bausteinen kalkulierbar bleibt und damit gut vorzubereiten ist. Dabei dürfte es bei der hohen Prüfungsrelevanz der Bewertung und Begünstigung von Betriebsvermögen bzw. nicht notierten Anteilen an Kapitalgesellschaften bleiben. Auch ist mit dem Klassiker der Bewertung und Begünstigung von Grundvermögen zu rechnen und dabei mit der erstmaligen Anwendung der seit dem 1.1.2023 geltenden Bewertungsregeln. Regelmäßig wiederkehrende Problemfelder sind zudem beim Ansatz des übrigen Vermögens bzw. umgekehrt beim Abzug von Nachlassverbindlichkeiten die Ermittlung des vom Nennwert abweichenden Gegenwartswerts bei Kapitalforderungen und Schulden sowie die Kapitalwertberechnung von Nutzungen und Leistungen. Bei der Aufgabenstellung dürfte es sich vermutlich wieder um die Ermittlung der festzusetzenden Erbschaft- oder Schenkungsteuer oder des steuerpflichtigen Erwerbs bzw. eben „nur“ des Werts der Bereicherung handeln. Da in der letzten Prüfungsklausur aber erneut ein Fall eines Erwerbs von Todes wegen vorlag, sollten Sie auch die Schenkung unter Lebenden, wie z. B. in der Ausgestaltung einer gemischten Schenkung und/oder einer Schenkung unter Auflage, im Blick haben. Zuletzt in der Prüfungsklausur 2016 waren ferner knapp die Hälfte der zu erreichenden Punkte für die Beurteilung grunderwerbsteuerlicher Probleme zu erhalten. Daher ist ein solides Grundlagenwissen in der Grunderwerbsteuer ebenfalls notwendig. 

Ich wünsche Ihnen weiterhin eine gute Vorbereitungszeit sowie viel Erfolg im Steuerberaterexamen!

Über die Autorin

Profilbild von Elke Lehmann
Dr. Elke Lehmann

Dipl.oec.paed., Steuerberaterin, Berlin. Sie ist Dozentin für Erbschaft-/Schenkungsteuerrecht und Bewertungsrecht und Ausbildungsleiterin bei Steuerlehrgänge Dr. Bannas, Köln.

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*Dipl.oec.paed., Steuerberaterin, Berlin. Sie ist Dozentin für das Erbschaft-/Schenkungsteuerrecht sowie Bewertungsrecht in der Steuerberaterausbildung, Lehrbeauftragte in den Studiengängen Master of Taxation und Ausbildungsleiterin bei Steuerlehrgänge Dr. Bannas, Köln. 

1 Grundlegend zur schriftlichen Steuerberaterprüfung s. die Guideline von Biegert/Kandler, SteuerStud 3/2025 S. 161 NWB ZAAAJ-82328; zugelassene Hilfsmittel s. Hilfsmittelerlass 2025, Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 8.11.2024 - FM3-S 0954-2/1 NWB VAAAJ-78684. Häufige Fehler in den übrigen Klausuren zzgl. einer Auswertung der jeweiligen Prüfungsschwerpunkte in der schriftlichen Steuerberaterprüfung lesen Sie bei Tiede, SteuerStud 3/2025 S. 171 NWB JAAAJ-82329, Nürnberg, SteuerStud 3/2025 S. 181 NWB GAAAJ-82330 (Umsatzsteuer), Baretti/Diener/Frenzel/Münch, SteuerStud 3/2025 S. 203 NWB AAAAJ-82332 (Ertragsteuerrecht) und Nüdling/Schörck, SteuerStud 3/2025 S. 217 NWB KAAAJ-82333 (Bilanzsteuerrecht). 

2 Gemeint ist selbstverständlich die „Klausur aus der Erbschaft-/Schenkungsteuer sowie der Bewertung“. Der Einfachheit halber soll im Folgenden aber von der „Erbschaftsteuerklausur“ gesprochen werden.

In der Erbschaftsteuerklausur 2022 wurde – ausnahmsweise – in der Aufgabenstellung direkt darauf verwiesen, dass auf die Steuerpflicht einzugehen war (vgl. Kap. II.1.).

4 Sie können diesen Prüfungspunkt an dieser Stelle max. kurz darzustellen (um nichts zu vergessen), allerdings mit dem Verweis des Abzugs erst i. R. der Nachlassverbindlichkeiten. 

5 Beachten Sie, dass die Einschränkung des Schuldenabzugs nicht für solches Vermögen gilt, für das ein pauschaler Freibetrag nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG in Anspruch genommen werden kann (Hausrat und andere bewegliche körperliche Gegenstände), da dieses selbst der uneingeschränkten Besteuerung unterliegt (R E 10.10. Abs. 2 Satz 2 ErbStR).

6 Gleich lautender Erlass der Obersten Finanzbehörden der Länder v. 9.9.2022 - S 3103, BStBl 2022 I S. 1351 NWB QAAAJ-24033.

Da im Sachverhalt Angaben über den Besteuerungszeitpunkt hinaus enthalten waren, die rückwirkend zu einem Wegfall der Steuerbefreiungen nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG bzw. § 13a ErbStG führten, zielte dies m. E. darauf ab, dies in der Klausurlösung zu würdigen. 

Dass in der Aufgabenstellung gezielt dazu aufgefordert wurde, zur „Steuerpflicht“ Stellung zu nehmen, war insofern eine Besonderheit, als in den vorangegangenen Prüfungsklausuren auch ohne einen solchen expliziten Hinweis in der Lösung auf die Steuerpflicht einzugehen war.

9 BMF, Schreiben v. 31.5.2024 - IV D 2 - S 0853/20/10002 :004, BStBl 2024 I S. 954 NWB YAAAJ-70433.