Gewerbebetrieb als Gegenstand der Gewerbesteuer
Gewerbesteuer
Gegenstand der Gewerbesteuer ist jeder Gewerbebetrieb, soweit er im Inland ausgeübt wird (§ 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG). Als Gewerbebetrieb gilt dabei ein Unternehmen im Sinne des Einkommensteuergesetzes (EStG). Entscheidend ist also, ob die Voraussetzungen aus § 15 Abs. 2 EStG erfüllt sind. Dabei gilt: Die Definition eines Gewerbebetriebs ist für Einkommensteuer und Gewerbesteuer grundsätzlich gleich. Trotzdem muss für jede Steuerart eigenständig geprüft werden, ob ein Gewerbebetrieb vorliegt.
Ein Unternehmen gilt dann als selbständiger Gewerbebetrieb, wenn es wirtschaftlich eigenständig ist - also nicht nur Teil eines größeren Betriebs. Voraussetzung ist außerdem, dass der Betrieb im Inland ausgeübt wird. Dafür muss mindestens eine inländische Betriebsstätte nach § 12 AO bestehen.
Zusammenfassung:
Ein Gewerbebetrieb liegt vor, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
- Selbständige Tätigkeit
- Nachhaltige Wiederholung
- Gewinnerzielungsabsicht
- Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr
- Keine freiberufliche, land- und forstwirtschaftliche oder vermögensverwaltende Tätigkeit
Die Gewerbesteuerpflicht hängt von der Art des Unternehmens, der Rechtsform und der tatsächlichen Geschäftstätigkeit ab. Auch bei mehreren Betrieben kommt es auf wirtschaftliche Zusammenhänge an.
In der Steuerberaterprüfung sind Gewerbebetriebe, deren Arten und Formen, Voraussetzungen und Sonderfälle regelmäßig Thema. In unseren Kernlehrgängen, aber auch in unseren Kursen zur Vorbereitung auf die schriftliche Steuerberaterprüfung und den mündlichen Teil des Examens gehen wir unter anderem auch auf diese Themen ein.
Beginn und Ende der Gewerbesteuerpflicht
Die Gewerbesteuerpflicht ist im Gewerbesteuergesetz (GewStG) geregelt, insbesondere in den §§ 2, 36 und 38 GewStG. Die Gewerbesteuerpflicht beginnt, wenn die gewerbliche Tätigkeit tatsächlich aufgenommen wird, also wenn das Unternehmen aktiv am Wirtschaftsleben teilnimmt und eigene Leistungen erbringt. Eine reine Vorbereitung (z. B. Anmietung eines Büros) reicht nicht. Maßgeblich ist, ob z. B. Produkte verkauft oder Dienstleistungen angeboten werden. Die Steuerpflicht endet, wenn die gewerbliche Tätigkeit eingestellt wird oder das Unternehmen nicht mehr wie ein Gewerbebetrieb geführt wird. Eine Abmeldung beim Gewerbeamt ist ein Indiz, aber ausschlaggebend ist das tatsächliche Ende der betrieblichen Aktivitäten.
Wichtig: Eine vorübergehende Pause (z. B. saisonale Schließung) führt nicht zum Ende der Steuerpflicht.
Kriterien für Beginn und Ende im Überblick:
Bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften:
- Die Gewerbesteuerpflicht beginnt mit der tatsächlichen Aufnahme der gewerblichen Tätigkeit.
- Dies ist nicht unbedingt das Datum der Gewerbeanmeldung, sondern z. B.:
- erster Wareneinkauf
- Beginn der Werbung
- erste Leistungserbringung oder Verkauf
- Wichtig: Die Absicht zur Gewinnerzielung und nachhaltige Betätigung sind entscheidend.
Bei Kapitalgesellschaften (§ 2 Abs. 2 GewStG):
- Die Gewerbesteuerpflicht beginnt mit der Eintragung ins Handelsregister.
- Auch wenn die tatsächliche Geschäftstätigkeit später aufgenommen wird, ist die GmbH oder AG ab der Eintragung gewerbesteuerpflichtig.
Voraussetzungen für einen Gewerbebetrieb
Ein Gewerbebetrieb im Sinne von § 15 Abs. 2 EStG liegt nur vor, wenn alle positiven Merkmale erfüllt sind und keines der negativen Merkmale vorliegt:
Positive Merkmale:
- Selbständigkeit: Der Unternehmer arbeitet eigenverantwortlich, trägt das wirtschaftliche Risiko und ist nicht weisungsgebunden. Wer z. B. auf eigene Rechnung arbeitet und keine festen Arbeitszeiten oder Urlaubsansprüche hat, gilt als selbständig.
- Nachhaltigkeit: Die Tätigkeit ist auf Wiederholung angelegt. Eine einmalige Tätigkeit genügt nicht, aber es reicht, wenn erkennbar eine Wiederholungsabsicht besteht.
- Gewinnerzielungsabsicht: Ziel ist es, auf Dauer einen Totalgewinn zu erwirtschaften (Summe aus allen Gewinnen/Verlusten). Wer dauerhaft Verluste macht, kann als „Liebhaberei“ eingestuft werden - z. B. bei Hobbys ohne wirtschaftliches Konzept.
- Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr: Das Unternehmen bietet erkennbar entgeltliche Leistungen für Dritte an. Auch wenn nur ein Kunde vorhanden ist, reicht das aus - Hauptsache, das Angebot richtet sich nach außen.
Negative Merkmale:
Ein Gewerbebetrieb liegt nicht vor, wenn die Einkünfte aus folgenden Bereichen stammen:
- Land- und Forstwirtschaft (§ 13 EStG): Z. B. Pflanzenbau, Viehzucht - sofern sie im Rahmen der natürlichen Nutzung erfolgen.
- Selbständiger Arbeit (§ 18 EStG): Freiberufliche Tätigkeiten wie Arzt, Anwalt, Architekt, Künstler oder Lehrer, bei denen die persönliche Arbeitskraft im Vordergrund steht.
- Reiner Vermögensverwaltung (§ 20/21 EStG): Z. B. Vermietung ohne zusätzliche Dienstleistungen oder bloße Kapitalanlage. Gewerblich wird die Tätigkeit erst, wenn Zusatzleistungen (z. B. Hotelservice) erbracht werden oder ein gewerblicher Grundstückshandel vorliegt.
Arten von Gewerbebetrieben
Nach dem Gewerbesteuergesetz gibt es drei Arten von Gewerbebetrieben (§ 2 GewStG):
- Gewerbebetrieb kraft gewerblicher Tätigkeit (§ 2 Abs. 1 GewStG): Betrifft Einzelunternehmen und Personengesellschaften, sofern alle Merkmale des § 15 Abs. 2 EStG erfüllt sind. Es gelten zwei Sonderregeln (§ 15 Abs. 3 EStG):
- Abfärbung (Nr. 1): Wenn eine Personengesellschaft neben anderen Einkünften auch gewerbliche erzielt, gelten alle Einkünfte als gewerblich - es sei denn, die gewerblichen Einkünfte sind nur geringfügig (Bagatellgrenze)
- Gewerblich geprägte Personengesellschaft (Nr. 2): Bei z. B. GmbH & Co. KG gelten sämtliche Einkünfte als gewerblich, wenn nur Kapitalgesellschaften haften und führen. Ziel ist die Gleichstellung mit Kapitalgesellschaften.
- Gewerbebetrieb kraft Rechtsform (§ 2 Abs. 2 GewStG): Hier spielt die Tätigkeit keine Rolle - jede Kapitalgesellschaft (z. B. GmbH, AG) gilt automatisch als Gewerbebetrieb, unabhängig von ihrer tatsächlichen Aktivität.
- Gewerbebetrieb kraft wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs (§ 2 Abs. 3 GewStG): Gilt für juristische Personen des privaten Rechts, die keine Kapitalgesellschaften sind (z. B. Vereine oder Stiftungen). Voraussetzung ist ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb nach § 14 AO:
- Selbständig
- Nachhaltig
- Einnahmeerzielung
- Keine reine Vermögensverwaltung
- Nur dieser wirtschaftliche Betrieb unterliegt dann der Gewerbesteuer, nicht die gesamte Organisation.
Sonderfall: Organschaft
Eine Organschaft liegt vor, wenn ein rechtlich selbstständiges Unternehmen (die Organgesellschaft) finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein anderes Unternehmen (den Organträger) eingegliedert ist. Für die Gewerbesteuer wird dann so getan, als gäbe es nur einen einheitlichen Betrieb – nämlich beim Organträger.
Eine gewerbesteuerliche Organschaft liegt nur vor, wenn auch eine Körperschaftsteuer-Organschaft nach §§ 14 ff. KStG besteht. Voraussetzung:
- Kapitalgesellschaft (Organgesellschaft)
- Gewerbliches Unternehmen (Organträger)
- Ergebnisabführungsvertrag
- Finanzielle Eingliederung
Das bedeutet:
- Nur der Organträger ist gewerbesteuerpflichtig.
- Die Organgesellschaft selbst zahlt keine Gewerbesteuer – ihre Gewinne gehen in die Bemessungsgrundlage des Organträgers ein.
- Es erfolgt eine Zusammenfassung der Gewerbeerträge.
Mehrere Betriebe und ihre steuerliche Behandlung
Bei der Gewerbesteuer ist die steuerliche Behandlung mehrerer Betriebe eines Unternehmens von großer Bedeutung, da sie Auswirkungen auf die Berechnung des Gewerbeertrags, die Anwendung des Freibetrags sowie die Zerlegung des Steuermessbetrags hat. Grundsätzlich ist zwischen mehreren selbstständigen Gewerbebetrieben und einem einheitlichen Gewerbebetrieb mit mehreren Betriebsstätten zu unterscheiden. Liegt nur ein einheitlicher Gewerbebetrieb vor, der an mehreren Standorten (also mit mehreren Betriebsstätten) tätig ist, so wird der Gewerbeertrag zentral ermittelt und einheitlich der Gewerbesteuer unterworfen. In diesem Fall steht dem Steuerpflichtigen nur ein einmaliger Freibetrag in Höhe von 24.500 Euro zu. Bei Kapitalgesellschaften entfällt der Freibetrag ohnehin. Wird der Betrieb in mehreren Gemeinden ausgeübt, kommt es gemäß § 29 GewStG zur Zerlegung des Steuermessbetrags. Die Zerlegung erfolgt in der Regel anhand der in den jeweiligen Gemeinden angefallenen Arbeitslöhne.
Anders verhält es sich, wenn tatsächlich mehrere eigenständige Gewerbebetriebe geführt werden. In diesem Fall wird jeder Betrieb für sich betrachtet, der Gewinn getrennt ermittelt und ein eigener Gewerbesteuermessbetrag festgesetzt. Unter bestimmten Voraussetzungen, etwa bei organisatorischer, finanzieller und wirtschaftlicher Trennung, kann dies dazu führen, dass der Freibetrag mehrfach in Anspruch genommen werden darf, etwa wenn ein Einzelunternehmer zwei vollkommen unabhängige Betriebe in verschiedenen Städten führt. Voraussetzung hierfür ist unter anderem eine getrennte Buchführung und eine klare Abgrenzung der betrieblichen Tätigkeiten. Liegt diese Trennung nicht vor, wird die Finanzverwaltung regelmäßig von einem einheitlichen Gewerbebetrieb ausgehen.
In der Praxis spielt auch die Frage der Zerlegung des Steuermessbetrags eine Rolle, insbesondere bei Filialbetrieben. Wenn ein Unternehmen in mehreren Gemeinden Betriebsstätten unterhält, wird der Gewerbesteuermessbetrag nach einem gesetzlich geregelten Schlüssel (i. d. R. nach Lohnsumme) auf die Gemeinden aufgeteilt. Dadurch kann jede betroffene Gemeinde ihren eigenen Gewerbesteuerbescheid erlassen, was zu unterschiedlichen Hebesätzen und damit Steuerbelastungen führen kann.
Zusammenfassend ist bei der steuerlichen Behandlung mehrerer Betriebe im Gewerbesteuerrecht insbesondere zu prüfen, ob es sich um einen einheitlichen Betrieb mit mehreren Betriebsstätten oder um mehrere selbstständige Betriebe handelt. Diese Unterscheidung beeinflusst nicht nur die Anwendung des Freibetrags, sondern auch die Art und Weise der Besteuerung sowie die Zuständigkeit der Gemeinden im Rahmen der Zerlegung.