Erwerb von Todes wegen - Steuerberaterprüfung

Erbschaftsteuer- und Bewertungsrecht

Zusammenfassung

Beim Erwerb von Todes wegen unterliegt eine Vielzahl von Vermögensübertragungen der Erbschaftsteuer gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Dazu zählen insbesondere Erbanfälle, Vermächtnisse, geltend gemachte Pflichtteilsansprüche sowie Schenkungen auf den Todesfall. Erben erhalten das gesamte Vermögen mit allen Rechten und Pflichten, während Vermächtnisnehmer nur einen Herausgabeanspruch gegenüber den Erben haben – steuerlich wird dies durch Abzugsfähigkeit beim Erben berücksichtigt. Auch Pflichtteilsberechtigte – etwa Ehegatten, Kinder oder Eltern – versteuern ihren Anspruch erst bei tatsächlicher Geltendmachung. Sonderregelungen gelten bei Teilungsanordnungen, Abfindungen für Pflichtteilsverzichte oder Verträgen zugunsten Dritter (z. B. Lebensversicherungen).

Weitere steuerpflichtige Fälle sind etwa Vermächtnisse an Miterben (Vorausvermächtnis), Abfindungen für aufgegebene Pflichtteilsansprüche sowie Gesellschaftsregelungen, bei denen Anteile gegen Abfindung an Mitgesellschafter übergehen. Auch bestimmte Auflagen im Testament führen zu steuerpflichtigem Erwerb beim Begünstigten. Hinterbliebenenbezüge (z. B. Witwenrenten) sind hingegen i. d. R. von der Erbschaftsteuer befreit, mindern aber den Versorgungsfreibetrag. Insgesamt kommt es stets auf den wirtschaftlichen Vorteil und das Verhältnis zum Erblasser an, um Steuerpflicht und Freibeträge zu bestimmen.

Erwerb von Todes wegen - Definition

Laut § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) gehört der "Erwerb von Todes wegen" zu den steuerpflichtigen Vorgängen. In § 3 ErbStG wird genauer erklärt, welche Arten von Vermögensübertragungen darunter fallen. 

Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zählen vor allem diese Fälle dazu:

  • Vermächtnis (wenn jemand einen bestimmten Gegenstand erhält, ohne Erbe zu sein), §§ 2147 ff. BGB,
  • Erbanfall (wenn jemand durch Tod Erbe wird), geregelt in § 1922 BGB,
  • Geltend gemachter Pflichtteil, §§ 2303 ff. BGB.

Vermächtnis

Ein Vermächtnis ist eine Anordnung im Testament, durch die jemand einen bestimmten Vermögensgegenstand bekommt, ohne Erbe zu sein (§ 2087 Abs. 2 BGB). Erben bekommen das ganze Vermögen, mitsamt allen Rechten und Pflichten. Vermächtnisnehmer hingegen haben nur einen Anspruch gegenüber dem Erben, wie etwa auf die Herausgabe eines Gegenstands (§§ 2147, 2174 BGB).

Für die Steuer bedeutet das: Zuerst wird alles Vermögen dem Erben zugerechnet. Gibt er etwas aufgrund eines Vermächtnisses weiter, darf er das als sogenannte Nachlassverbindlichkeit abziehen (§ 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG).

Vorausvermächtnis

Bei dem Vorausvermächtnis handelt es sich um eine besondere Form des Vermächtnisses, die einem Miterben zugutekommt, zusätzlich zu seinem Erbteil.. Wird einem Miterben zusätzlich zu seinem Erbteil ein Vermächtnis zugesprochen, erhöht sich sein Vermögenszuwachs. Auch das ist steuerpflichtig (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, R E 3.1 ErbStR).

Freibeträge im Vermächtnis

Der Vermächtnisnehmer kann trotz fehlenden Eigentums am Gegenstand den sachlichen Freibetrag geltend machen (z. B. für Hausrat, § 13 Abs. 1 ErbStG). Das war früher umstritten, ist aber heute sowohl in der Literatur als auch in der Verwaltungspraxis anerkannt.

Auch bei steuerlichen Begünstigungen nach §§ 13a ff. oder § 13d ErbStG steht dem Vermächtnisnehmer der Vorteil zu - nicht dem Erben, der den Gegenstand abgeben muss.

Erbanfall

Als Erbanfall bezeichnet das deutsche Erbrecht den rechtlichen Moment, in dem eine Person durch den Tod des sogenannten Erblassers Erbe wird. Der Erbe wird zu diesem Zeitpunkt automatisch Rechtsnachfolger des Erblasseres und übernimmt dessen Vermögen (sowohl Aktiva als auch Passiva) im Ganzen.

Der Begriff “Erbanfall" ist dabei nicht zu verwechseln mit dem “Erbfall”, sprich dem “Todesereignis” des Erblassers.

Das Gesetz unterscheidet nicht, ob man durch die gesetzliche Erbfolge oder durch ein Testament oder einen Erbvertrag etwas erbt. Beides ist steuerpflichtig. Dabei spielt es keine Rolle, ob eine einzelne Person erbt oder mehrere gemeinsam, z. B. als Erbengemeinschaft. Jeder einzelne Erbe versteuert den Wert seines Anteils.

Teilungsanordnungen, also die genaue Zuweisung einzelner Nachlassgegenstände im Testament, spielen für die Besteuerung grundsätzlich keine Rolle. Auch Erbauseinandersetzungen (wenn sich Erben einig werden, wer was bekommt) verändern nichts daran, dass jeder seinen Anteil versteuern muss.

Ein Beispiel: Wenn der Erblasser ein Haus im Testament einem bestimmten Erben zuweist, wird es trotzdem allen Miterben anteilig zugerechnet - steuerlich wird das Vermögen nach Erbanteil aufgeteilt, nicht nach tatsächlicher Zuweisung.

Aber Achtung: Wenn durch Teilungsanordnungen bestimmte Begünstigungen (wie Steuerbefreiungen) betroffen sind, spielt das eine Rolle für den Umfang der Befreiung, nicht aber dafür, wer was steuerlich erhält. Zum Beispiel: Ein Haus wird zwar allen Miterben zugeordnet, aber nur derjenige, der es tatsächlich erhält, kann die Steuervergünstigung z. B. nach § 13d ErbStG in Anspruch nehmen.

Geltend gemachter Pflichtteil wird besteuert

Wenn jemand seinen Pflichtteil einfordert, wird auch das als Erwerb von Todes wegen besteuert (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG).

Wer hat ein Recht auf den Pflichtteil?

  • Ehegatten, § 2303 Abs. 2 BGB
  • Eltern (nur wenn keine Kinder vorhanden sind), § 2303 Abs. 2 BGB
  • Kinder, § 2303 Abs. 1 BGB
  • Eingetragene Lebenspartner, § 10 Abs. 6 LPartG

Nach § 2303 Abs. 1 Satz 2 BGB beträgt der Pflichtteil die Hälfte des gesetzlichen Erbteils.

Ein Pflichtteilsrecht besteht, wenn jemand durch ein Testament enterbt wurde, aber nach Gesetz erbberechtigt gewesen wäre.

Ergänzungsanspruch

Wenn der Erblasser in den letzten 10 Jahren vor seinem Tod Schenkungen gemacht hat, kann der Pflichtteilsberechtigte unter bestimmten Umständen einen zusätzlichen Geldanspruch haben (§ 2325 BGB).

Rein geldwerter Anspruch

Der Pflichtteilsanspruch ist ein reiner Geldanspruch, auch wenn er durch Übertragung eines Gegenstands erfüllt wird.

Verjährung des Anspruchs auf den Pflichtanteil

Der Anspruch verjährt nach 3 Jahren, wenn er nicht geltend gemacht wird (§ 2332 BGB) und beginnt mit dem Erbfall, sprich dem Tod des Erblassers.

Zeitpunkt der Besteuerung des Pflichtanteils

Die Steuer entsteht erst, wenn der Pflichtteil tatsächlich eingefordert wird und nicht automatisch mit dem Tod (§ 9 Abs. 1 Nr. 1b ErbStG). Wer seinen Pflichtteil nicht einfordert, muss auch keine Steuer zahlen.

BFH-Urteil 2016: Ein Pflichtteilsanspruch, der dem Erblasser selbst zustand, aber nicht eingefordert wurde, gehört zum Nachlass und ist beim Erben steuerpflichtig.

Sonderfälle:

  1. Pflichtteilsverzicht gegen Abfindung zu Lebzeiten: Gilt als Schenkung (§ 7 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG).
  2. Pflichtteil wird nach dem Tod nicht eingefordert: Keine Besteuerung (§ 13 Abs. 1 Nr. 11 ErbStG).
  3. Pflichtteil wird eingefordert: Besteuert als Kapitalforderung mit dem Nennwert (§ 12 Abs. 1 ErbStG).
  4. Verzicht gegen Abfindung nach Geltendmachung: Besteuerung der Abfindung (§ 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG), Erbe kann die Zahlung abziehen (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG).

Schenkung auf den Todesfall

Die “Schenkung auf den Todesfall” ist eine besondere Form der unentgeltlichen Zuwendung, bei der der Schenker einer anderen Person etwas schenkt - jedoch erst mit seinem Tod und unter der Bedingung, dass er bis dahin lebt. Es handelt sich dabei nicht um eine Erbschaft im klassischen Sinn, sondern um eine Schenkung mit aufschiebender Bedingung (§ 2301 BGB).

Besonderheit bei Gesellschaftsverträgen

Häufig wird geregelt, dass der Anteil des Verstorbenen auf die übrigen Gesellschafter übergeht. Die Erben bekommen dann nur eine Abfindung, die als Geldforderung mit Nennwert bewertet wird (§ 12 Abs. 1 BewG, § 10 Abs. 10 ErbStG).

Die Gesellschafter selbst gelten als bereichert, wenn der Gesellschaftsanteil mehr wert ist als die gezahlte Abfindung (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG) - und diese Bereicherung kann unter bestimmten Voraussetzungen steuerlich begünstigt sein (§§ 13a ff., § 19a ErbStG).

Vertrag zugunsten Dritter

Ein solcher Vertrag liegt vor, wenn jemand eine dritte Person (nicht den Erben) begünstigt - z. B. durch:

  • Lebensversicherungen
  • Bausparverträge
  • Bankkonten mit Begünstigtenregelung (§§ 328, 331 BGB, § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG)

Wichtig: Der Anspruch des Dritten entsteht nicht im Nachlass, sondern direkt beim Begünstigten. Deshalb kann man die Erbschaft ausschlagen, aber den Vertrag trotzdem behalten.

Steuerlich macht das keinen großen Unterschied - alles wird zusammengerechnet, wenn der Begünstigte auch Erbe ist.

Bei Lebensversicherungen auf "verbundene Leben" wie z. B. Ehepartner: Der Anspruch wird hälftig dem überlebenden Versicherungsnehmer zugerechnet und nur zur Hälfte besteuert. Bewertet wird grundsätzlich mit dem Nennwert (§ 12 Abs. 1 BewG), bei noch nicht fälligen Ansprüchen mit dem Rückkaufswert (§ 12 Abs. 4 BewG).

Begünstigte durch Auflage oder Bedingung

Wenn im Testament festgelegt wurde, dass eine Person einen Vorteil erhalten soll, ohne dass ein konkretes Recht besteht (z. B. Erben müssen Geld an eine wohltätige Organisation zahlen), nennt man das Auflage (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 ErbStG).

Diese Begünstigten müssen den Vorteil versteuern. Für die Steuerklasse und Freibeträge zählt das Verhältnis zum Verstorbenen - nicht zum Erben.

Der Erbe kann die Leistung als Nachlassverbindlichkeit abziehen (§ 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG).

Abfindung für Pflichtteilsverzicht

Wenn jemand bereits einen Pflichtteil geltend gemacht hat und später eine Abfindung vom Erben erhält, wird diese Zahlung besteuert (§ 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG).

Das gilt auch, wenn der Anspruch zwar entstanden ist, aber nie eingefordert wurde - sobald eine Abfindung gezahlt wird, liegt ein steuerpflichtiger Vorgang vor. Die Steuer entsteht dann mit dem Zeitpunkt der Zahlung (§ 9 Abs. 1 Nr. 1f ErbStG).

Seit dem 24.06.2017 gilt auch: Wer im Streit um ein Erbe eine Abfindung bekommt, weil er am Ende leer ausgeht, muss diese versteuern. Zuvor gab es dafür keine gesetzliche Grundlage.

Hinterbliebenenbezüge

Renten oder Versorgungsbezüge, die gesetzlich oder durch Tarifverträge entstehen, unterliegen nicht der Erbschaftsteuer (§ R E 3.5 ErbStR). Dazu gehören z. B. Beamtenpensionen oder Witwenrenten.

Auch betriebliche Versorgungen sind steuerfrei, solange sie angemessen sind. Die Grenze liegt hier bei ca. 45 % des Bruttogehalts. Einzelvertraglich vereinbarte Leistungen können ebenfalls steuerfrei sein, wenn sie nicht überhöht sind.

Aber: Diese Leistungen mindern den Versorgungsfreibetrag nach § 17 ErbStG - man bekommt also ggf. einen kleineren steuerfreien Betrag.

Für die Einkommensteuer gelten andere Regeln - hier können die Bezüge steuerpflichtig sein.

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