Allgemeines zur Erbschaftsteuer - Steuerberaterprüfung
Erbschaftsteuer- und Bewertungsrecht
Das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) regelt vier Fälle, in denen eine Steuer erhoben wird:
- Wenn jemand durch einen Todesfall Vermögen erbt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG),
- Wenn jemand zu Lebzeiten etwas verschenkt bekommt (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG),
- Wenn Vermögen für einen bestimmten Zweck gestiftet wird, ohne dass eine bestimmte Person davon profitiert (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG),
- Wenn eine Stiftung oder ein Verein über ein längeres Zeitfenster Vermögen anhäuft (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG).
Am häufigsten kommt es zur Besteuerung bei Erbschaften und Schenkungen. Das ist auch der Grund, warum man beim ErbStG auch vom Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz spricht.
Eine sogenannte "Zweckzuwendung" liegt zum Beispiel vor, wenn jemand Geld für einen bestimmten Zweck wie Tierschutz stiftet, ohne dass eine bestimmte Person davon profitiert (§ 8 ErbStG).
Familienstiftungen und Familienvereine müssen ihr Vermögen alle 30 Jahre mit einer sogenannten Ersatzerbschaftsteuer versteuern.
Erbschaftsteuer ist Personensteuer
In Deutschland handelt es sich bei der Erbschaftsteuer um eine sogenannte Erbanfallsteuer. Das bedeutet: Jede einzelne Person, die etwas erbt, muss ihre Bereicherung versteuern. In anderen Ländern ist das anders - dort wird das gesamte Vermögen des Verstorbenen als Nachlass versteuert. Da bei uns jeder Erbe individuell besteuert wird, kann ein einziger Todesfall mehrere Steuerfälle auslösen, wenn mehrere Personen etwas erben. Deshalb ist die Erbschaftsteuer eine sogenannte Personensteuer.
Die Einnahmen aus der Erbschaftsteuer gehen an die Bundesländer (Art. 106 Abs. 2 Nr. 2 GG).
Unterschiede zwischen Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer
Grundsätzlich gelten für Erbschaften und Schenkungen dieselben Vorschriften (§ 1 Abs. 2 ErbStG). Es gibt aber ein paar Ausnahmen:
- Die pauschale Berücksichtigung von Bestattungskosten (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG) gilt nur bei Erbschaften - bei Schenkungen gibt es ja keine Beerdigung.
- Eltern gehören bei Erbfällen zur Steuerklasse I, bei Schenkungen hingegen zur Steuerklasse II (§ 15 ErbStG).
- Der sogenannte Versorgungsfreibetrag nach § 17 ErbStG gilt im Normalfall nur bei Erbschaften. Ausnahmen gibt es nur in ganz bestimmten Fällen (z. B. wenn jemand für einen Erbverzicht eine Rentenzahlung erhält, die erst beim Tod des anderen Ehepartners beginnt).
- Die Steuerermäßigung bei mehrfachem Erwerb (§ 27 ErbStG) gilt nur bei Erbschaften.
- Die Steuervergünstigung für das Familienheim an Kinder (§ 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG) ist ebenfalls nur für Erbschaften vorgesehen.
- Gleiches gilt für die sogenannte Rückfallklausel (§ 13 Abs. 1 Nr. 10 ErbStG).
- Auch Banken und Kreditinstitute haften nur bei Erbschaften (§ 20 Abs. 6 Satz 2 ErbStG).
Ein weiterer Unterschied besteht im dem Zeitpunkt der Steuerpflicht. Bei der Erbschaftsteuer entsteht diese mit dem Tod des Erblassers, bei der Schenkungsteuer mit dem Zeitpunkt der Schenkung, also der tatsächlichen Übergabe bzw. der rechtlichen Verfügung. Auch in dem Punkt der Mitwirkungspflicht unterscheiden sich die beiden Steuerarten:
- Schenkungsteuer: Der Schenker und der Beschenkte sind verpflichtet, die Schenkung innerhalb von drei Monaten dem Finanzamt anzuzeigen. Eine automatische Meldung an das Finanzamt, z. B. durch ein Gericht, erfolgt nicht.
- Erbschaftsteuer: Hier findet eine automatische Information statt, z. B. vom Nachlassgericht an das Finanzamt.
Grundsätzlich richtet sich das Erbschaftsteuerrecht stark nach dem Zivilrecht. Bei Schenkungen wird aber zusätzlich auch wirtschaftlich betrachtet, wer tatsächlich begünstigt wurde.
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Beziehung zu anderen Steuergesetzen und Rechtsgebieten
Bewertungsrecht
Damit das Finanzamt die Steuer berechnen kann, muss es wissen, wie viel das geerbte oder verschenkte Vermögen wert ist. Nach § 12 ErbStG richtet sich die Bewertung nach dem Bewertungsrecht. Auch Schulden, die vom Erbe abgezogen werden dürfen, müssen bewertet werden (§ 10 Abs. 1 Satz 2 ErbStG).
Ausnahmen: Bargeld in Euro und die Bestattungskosten (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG) werden nicht nach dem Bewertungsrecht ermittelt. Sie werden einfach mit dem Nennwert angesetzt bzw. abgezogen. Es handelt sich hierbei nicht um Kapitalforderungen oder -schulden im Sinne des Bewertungsrechts (§ 12 BewG).
Grunderwerbsteuer
Wenn man ein Grundstück ohne Gegenleistung bekommt (z. B. durch Erbschaft oder Schenkung), fällt keine Grunderwerbsteuer an (§ 3 Nr. 2 GrEStG). In solchen Fällen greift nur die Erbschaft- oder Schenkungsteuer.
Komplizierter wird es bei sogenannten gemischten Schenkungen - wenn jemand z. B. ein Grundstück teilweise geschenkt und teilweise verkauft bekommt. Dann kann sowohl Schenkungsteuer als auch Grunderwerbsteuer anfallen.
Einkommensteuer
Weder Erbschaften noch Schenkungen unterliegen der Einkommensteuer. Allerdings gibt es eine besondere Regelung in § 35b EStG: Wenn der Erbe später mit dem geerbten Vermögen Einkommen erzielt, das dann der Einkommensteuer unterliegt, kann er auf Antrag eine Entlastung bekommen. Diese Regelung gilt nur für Erbfälle ab dem 1. Januar 2009. Die Entlastung hängt davon ab, in welchem Umfang das Vermögen vorher bereits der Erbschaftsteuer unterlag (§ 35b Satz 2 EStG).