Zu versteuerndes Einkommen - Steuerberaterprüfung
Einkommensteuer
Die Einkommensteuer wird auf das sogenannte zu versteuernde Einkommen eines Jahres erhoben. Es geht also nicht um das gesamte Vermögen oder Einkommen einer Person über ihr ganzes Leben hinweg, sondern nur um das Jahreseinkommen.
Wie man das zu versteuernde Einkommen berechnet, ist in den Einkommensteuerrichtlinien (EStR), insbesondere R.2 EStR, genau beschrieben.
Die Berechnung beginnt mit der Summe der Einkünfte. Von dieser Summe werden bestimmte Beträge abgezogen - zum Beispiel:
- Sonderausgaben (z. B. Vorsorgeaufwendungen),
- außergewöhnliche Belastungen (z. B. Krankheitskosten),
- Verlustabzüge, wenn Verluste aus anderen Jahren berücksichtigt werden dürfen.
Diese Regeln stehen im Einkommensteuergesetz (EStG). Ziel ist eine gerechte Besteuerung, die sich an der Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen orientiert.
In unseren Kernlehrgängen und Klausurenkursen zeigen wir Ihnen, was Sie zum Thema “zu versteuerndes Einkommen” für die Steuerberaterprüfung wissen müssen.
Die Ermittlung des zu versteuernden Einkommens - Schritt für Schritt
1. Summe der Einkünfte:
Zuerst werden alle steuerpflichtigen Einkünfte zusammengezählt. Dazu gehören:
- Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§§ 13-14a EStG)
- Gewerbebetrieb (§§ 15-17 EStG)
- Selbstständige Arbeit (§ 18 EStG)
- Nichtselbstständige Arbeit (z. B. Lohn, Gehalt; § 19 EStG)
- Kapitalvermögen (z. B. Zinsen, Dividenden; § 20 EStG)
- Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG)
- Sonstige Einkünfte (§§ 22, 23 EStG)
Das ergibt die Summe der Einkünfte (§ 2 Abs. 1 EStG).
2. Abzüge nach dem objektiven Nettoprinzip:
Jetzt werden bestimmte Freibeträge abgezogen, die mit der Einkommenssituation zusammenhängen:
- Altersentlastungsbetrag (§ 24a EStG)
- Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (§ 24b EStG)
- Freibetrag für Land- und Forstwirte (§ 13 Abs. 3 EStG)
So entsteht der Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 2 Abs. 3 EStG).
3. Abzüge nach dem subjektiven Nettoprinzip
Nun werden weitere Beträge abgezogen, die den persönlichen Bedarf sichern sollen:
- Sonderausgaben (§§ 10 ff. EStG)
- Außergewöhnliche Belastungen (§§ 33 ff. EStG)
- Verlustabzüge (§ 10d EStG)
Das Ergebnis ist das Einkommen im Sinne des Gesetzes (§ 2 Abs. 4 EStG).
Diese Abzüge betreffen nicht die Erzielung des Einkommens selbst, sondern dienen dazu, das Existenzminimum zu sichern. Dieses Prinzip nennt man das subjektive Nettoprinzip.
4. Weitere Abzüge
Vom Einkommen werden zusätzlich noch folgende Beträge abgezogen:
- Freibeträge für Kinder (§ 32 Abs. 6 EStG)
- Härteausgleich (§ 46 Abs. 3 EStG, § 70 EStDV)
So entsteht das zu versteuernde Einkommen (§ 2 Abs. 5 EStG).
Veranlagung der Einkommensteuer
Die Veranlagung ist ein förmliches Verfahren, bei dem die Höhe der Einkommensteuer berechnet wird. Der Veranlagungszeitraum ist das Kalenderjahr (§ 25 Abs. 1 EStG). Jeder Steuerpflichtige muss dafür eine Steuererklärung abgeben (§ 25 Abs. 3 EStG).
Arten der Veranlagung
Einzelveranlagung (§ 25 EStG)
Bei Ledigen, Geschiedenen oder Verwitweten sowie Ehegatten, die die Einzelveranlagung wählen (§ 26a EStG), wird die Steuer einzeln berechnet.
Zusammenveranlagung (§ 26b EStG)
Ehegatten können sich zusammenveranlagen lassen, wenn:
- Eine wirksame Ehe vorliegt,
- beide unbeschränkt steuerpflichtig sind,
- sie nicht dauerhaft getrennt leben.
Eine Ehe zählt auch dann, wenn die Voraussetzungen nur an einem einzigen Tag im Jahr erfüllt sind. Auch bei räumlicher Trennung (z. B. durch Krankheit oder Haft) kann die eheliche Gemeinschaft weiter bestehen, wenn diese Trennung nur vorübergehend ist.
Wenn eine Ehe geschieden wird und einer der Ex-Ehegatten im selben Jahr neu heiratet, kann er nur mit dem neuen Ehepartner zusammenveranlagt werden.
Bei der Zusammenveranlagung:
- Werden die Einkünfte beider Ehepartner getrennt ermittelt.
- Dann werden sie zusammen veranlagt und wie ein Steuerpflichtiger behandelt.
Berechnung der Einkommensteuer
Je nach Veranlagungsart gelten unterschiedliche Steuertarife. Es gibt zwei Grundformen:
Grundtarif (§ 32a Abs. 1 EStG)
Gilt für:
- Ledige
- Geschiedene
- Verwitwete
- Ehegatten mit Einzelveranlagung
- Verheiratete, bei denen die Voraussetzungen des § 26 EStG nicht erfüllt sind
Splittingtarif (§ 32a Abs. 5 EStG)
Gilt für Ehepaare mit Zusammenveranlagung.
Beim Splittingverfahren:
- Wird das gemeinsame Einkommen halbiert,
- der Steuertarif darauf angewendet,
- das Ergebnis dann verdoppelt.
So wird die Steuerlast für Ehepaare gesenkt, vor allem wenn einer deutlich weniger verdient.
Gnadensplitting (Witwensplitting)
Wenn ein Ehegatte stirbt, kann der überlebende Partner im Sterbejahr und im darauffolgenden Jahr weiterhin den Splittingtarif nutzen (§ 32a Abs. 6 Nr. 1 EStG). Voraussetzung ist, dass die Ehe zum Zeitpunkt des Todes bestand und die Partner nicht dauerhaft getrennt lebten. Diese Form des Splittings wird als Gnadensplitting oder Witwensplitting bezeichnet.
Splitting bei Trennung und Wiederheirat
Wenn Ehepartner sich trennen, können sie im Trennungsjahr noch gemeinsam veranlagt werden - wenn sie an mindestens einem Tag noch zusammengelebt haben. Heiratet einer der Partner im selben Jahr neu, ist die Zusammenveranlagung nur mit dem neuen Ehepartner möglich.
Der nicht wieder verheiratete Ex-Partner kann unter bestimmten Voraussetzungen weiterhin den Splittingtarif nutzen (§ 32a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 EStG).
Progressionsvorbehalt
Manche staatliche Leistungen sind steuerfrei, erhöhen aber trotzdem den Steuersatz auf das übrige Einkommen. Das nennt man Progressionsvorbehalt (§ 32b EStG).
Beispiele:
- Arbeitslosengeld I
- Elterngeld
- Mutterschaftsgeld
- Kurzarbeitergeld
- Krankengeld
- Insolvenzgeld
Diese Leistungen werden nicht versteuert, aber sie erhöhen den Steuersatz.
Wie wird das berechnet?
- Steuerpflichtiges Einkommen + steuerfreie Leistungen = Gesamteinkommen
- Daraus wird ein fiktiver Steuersatz berechnet
- Dieser Steuersatz wird auf das steuerpflichtige Einkommen angewendet
So soll die Steuerlast gerechter verteilt werden.
Sonderfall: Negativer Progressionsvorbehalt
Wenn Verluste oder Rückzahlungen vorliegen (z. B. Rückforderung von Elterngeld), kann der Progressionsvorbehalt auch zu einer Senkung des Steuersatzes führen.
Auswirkungen bei Ehepaaren
Bei der Zusammenveranlagung werden die dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte beider Ehepartner gemeinsam berücksichtigt.
Steuerberechnung nach Tarif - Zonenmodell
Die Einkommensteuer steigt progressiv, je nach Höhe des zu versteuernden Einkommens:
Zone | Einkommen | Steuer |
Nullzone | 0 - 11.604 € | steuerfrei |
Untere Progressionszone | 11.605 € - 17.005 € | Steuersatz steigt langsam |
Mittlere Progressionszone | 17.006 € - 66.760 € | Steuersatz steigt weiter |
Obere Progressionszone | 66.761 € - 277.825 € | Fester Steuersatz: 42 % |
Reichensteuer | ab 277.826 € | Fester Steuersatz: 45 % |
Die genauen Beträge ergeben sich aus den Formeln in § 32a EStG.