Steuerermäßigung bei Doppelbesteuerung durch Erbschaftsteuer
Einkommensteuer
Der Gesetzgeber hat § 35b EStG eingeführt, um Härten abzumildern, die entstehen können, wenn derselbe Vermögenszuwachs sowohl der Erbschaftsteuer als auch der Einkommensteuer unterliegt. Eine vollständige Vermeidung der Doppelbesteuerung war jedoch nicht beabsichtigt, es handelt sich nur um eine Teilentlastung.
Typischer Anwendungsfall:
- Ein Erbe erhält einen noch nicht ausgezahlten Anspruch (z. B. auf Tantiemen, Miete, Kapitalerträge), der beim Tod des Erblassers erbschaftsteuerlich erfasst wird.
- Wenn diese Einnahmen dem Erben später tatsächlich zufließen, muss er sie zusätzlich als Einkommen versteuern.
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Anwendungsbereich von § 35b EStG
§ 35b EStG gilt nur, wenn es innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb von Todes wegen zu einer Doppelbesteuerung mit sowohl Erbschaftsteuer als auch Einkommensteuer kommt.
Ein solcher Fall liegt zum Beispiel vor, wenn der Erbe bereits im Todeszeitpunkt einen Anspruch erwirbt (dieser wird mit dem Vermögensanfall versteuert, § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG), der aber erst später zu steuerpflichtigen Einnahmen im Sinne des § 2 EStG führt. Dann wird derselbe Betrag zweimal versteuert - einmal mit der Erbschaftsteuer bei Entstehung des Anspruchs und später noch einmal mit der Einkommensteuer bei Zufluss der Einnahme.
Begünstigt im Sinne des § 35b EStG sind alle Einkünfte, die:
- bereits erbschaftsteuerlich erfasst wurden,
- und später zusätzlich zu einkommensteuerpflichtigen Einnahmen führen.
Typische Fälle:
- Einkünfte aus nicht abgeschlossener selbständiger Tätigkeit des Erblassers (z. B. noch offene Honorare)
- Nachträgliche Einnahmen aus Vermietung (wenn Mietforderungen bereits dem Erblasser zustanden)
- Noch nicht zugeflossene Kapitalerträge, z. B. fällige, aber nicht ausgezahlte Zinsen oder Dividenden
- Betriebsvermögen, das versteuert wurde und später zu laufenden Einkünften führt
Voraussetzungen für die Steuerermäßigung
Die Steuerermäßigung nach § 35b EStG ist nur möglich, wenn alle folgenden Bedingungen erfüllt sind:
- Erwerb von Todes wegen: Die Regelung gilt ausschließlich für Erwerbe durch Erbschaft oder Vermächtnis. Schenkungen unter Lebenden sind nicht erfasst.
- Antragspflicht: Die Einkommensteuerermäßigung muss beantragt werden (§ 35b Satz 1 Halbsatz 2 EStG).
- Doppelbesteuerung liegt vor: Die Ermäßigung ist nur möglich, wenn Einkünfte, die bereits der Erbschaftsteuer unterlagen, zusätzlich bei der Einkommensteuer berücksichtigt wurden. Dies muss im selben Veranlagungszeitraum oder einem der vier vorhergehenden Veranlagungszeiträume passiert sein.
Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, wird im nächsten Schritt die Höhe der Ermäßigung berechnet.
Berechnung der Steuerermäßigung
Die Steuerermäßigung wird in folgenden Schritten berechnet:
Schritt 1: Ermittlung der anteiligen Einkommensteuer
Zunächst wird die tarifliche Einkommensteuer berechnet, nachdem andere Steuerermäßigungen abgezogen wurden. Dieser Betrag wird anteilig auf die begünstigten Einkünfte (also die doppelt besteuerten) verteilt - im Verhältnis zu den gesamten Einkünften.
Schritt 2: Minderung nach Erbschaftsteuer-Anteil
Anschließend wird die anteilige Einkommensteuer nochmals gekürzt - und zwar um den Prozentsatz, den die gezahlte Erbschaftsteuer im Verhältnis zum modifizierten steuerpflichtigen Erwerb ausmacht.
Zur Berechnung dieses Verhältnisses wird zum steuerpflichtigen Erwerb (§ 10 Abs. 1 ErbStG) hinzuaddiert:
- der persönliche Freibetrag (§ 16 ErbStG),
- der Versorgungsfreibetrag (§ 17 ErbStG),
- sowie der steuerfreie Betrag nach § 5 ErbStG.
Der sich daraus ergebende Prozentsatz wird auf die anteilige Einkommensteuer angewendet und mindert diese entsprechend.
Die Steuerermäßigung kann nur gewährt werden, wenn die Einkommensteuerpflicht der betreffenden Einkünfte innerhalb von fünf Jahren nach dem Erbfall eintritt. Danach verfällt der Anspruch, selbst wenn eine Doppelbesteuerung vorliegt.
Beantragung der Steuerermäßigung
Die Steuerermäßigung muss aktiv beantragt werden (§ 35b S.1 Hs.2 EStG). Dem Antrag sind in der Praxis meist beizufügen:
- Erbschaftsteuerbescheid (zur Feststellung, dass eine Steuer auf die betreffenden Vermögenswerte gezahlt wurde)
- Einkommensteuererklärung mit entsprechenden Angaben zu den begünstigten Einkünften
- Berechnungsnachweis (Verhältnisrechnung nach § 35b S.2 EStG)