Gewerbliche Einkünfte - Steuerberaterprüfung
Einkommensteuer
§ 17 EStG regelt die Besteuerung von Gewinnen aus dem Verkauf von Anteilen an Kapitalgesellschaften, die im Privatvermögen gehalten werden. Entscheidend ist: Der Steuerpflichtige muss in den letzten fünf Jahren mindestens 1 % an der Gesellschaft beteiligt gewesen sein. Obwohl diese Anteile zum Privatvermögen gehören, werden die Gewinne wie Einkünfte aus Gewerbebetrieb behandelt. Dies ist eine steuerrechtliche Ausnahme, da private Vermögensverkäufe normalerweise nicht steuerpflichtig sind. Diese Regelung gilt sowohl für inländische als auch ausländische Kapitalgesellschaften. Allerdings besteht keine Gewerbesteuerpflicht, da § 17 EStG laut R 7.1 Abs. 3 Nr. 2 GewStR davon ausgenommen ist.
Gewerbliche Einkünfte sind regelmäßig Thema in der schriftlichen Steuerberaterprüfung. Ihr Wissen über die Besonderheiten, steuerliche Einordnung oder auch die Voraussetzungen können aber natürlich auch im Rahmen der mündlichen Steuerberaterprüfung abgefragt werden.
Gewerbliche Einkünfte - wichtige Besonderheiten und Einschränkungen
Folgende Besonderheiten und Einschränkungen gilt es zu berücksichtigen:
- Teilwertabschreibungen ausgeschlossen: Abschreibungen auf den niedrigeren Teilwert sind für Anteile im Privatvermögen nicht erlaubt (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG). Dividenden aus den Anteilen bleiben aber steuerpflichtig (§ 20 Abs. 1 EStG).
- Ausnahmecharakter: § 17 EStG durchbricht den allgemeinen Grundsatz, dass private Veräußerungen steuerfrei sind. Gewinne gelten als gewerbliche Einkünfte.
- § 16 EStG nicht anwendbar: Die Regeln über Betriebsveräußerung (§ 16 EStG) gelten nicht für private Kapitalgesellschaftsanteile - auch nicht bei 100 %-Beteiligung. Das betrifft z. B. die Teilbetriebsfiktion (§ 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 EStG).
- Zusammenrechnung von Anteilen: Anteile im Betriebs- und Privatvermögen werden zusammengerechnet, um die 1 %-Grenze zu prüfen (H 17 Abs. 2 EStH "Anteile im Betriebsvermögen").
Voraussetzungen für die Anwendung des § 17 EStG
Folgende Voraussetzungen müssen für die Anwendung erfüllt sein:
- Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft (z. B. GmbH, AG),
- Mindestens 1 % Beteiligung irgendwann innerhalb der letzten fünf Jahre,
- Verkauf oder Übertragung der Anteile gegen Entgelt oder Entschädigung.
Der Veräußerungsgewinn wird wie folgt berechnet:
Verkaufspreis - Anschaffungskosten - Veräußerungskosten = Gewinn/Verlust
Steuerliche Einordnung und Behandlung
Gewerbliche Einkünfte werden wie folgt steuerlich eingeordnet und behandelt:
- Der Gewinn wird unter § 17 EStG erfasst und als sonstige Einkünfte gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 EStG behandelt.
- Keine Einordnung als Einkünfte aus Kapitalvermögen oder echter Gewerbebetrieb.
Berechnung des Veräußerungsgewinns
Der Gewinn wird nach § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG berechnet. Dabei gilt das Teileinkünfteverfahren:
- 40 % des Gewinns sind steuerfrei (§ 3 Nr. 40 EStG)
- 60 % der damit zusammenhängenden Kosten sind abziehbar (§ 3c Abs. 2 EStG)
Ausnahme: Veräußerungsverluste dürfen nicht mit anderen Einkünften verrechnet werden (Verlustausgleichsverbot).
Veräußerungstatbestand und relevante Begriffe
Als Veräußerung gelten z. B.
- Verkauf gegen Geld
- Tausch
- Übertragung wertloser Anteile
- Einbringung in eine Personengesellschaft gegen Gesellschaftsrechte
- Verdeckte Einlagen (§ 17 Abs. 1 Satz 2 EStG)
Wiederkehrende Zahlungen
- Bei Renten: Wahlrecht zwischen Sofort- oder Nachversteuerung (analog § 16 EStG)
- Ratenzahlungen gelten bei mehr als 10 Jahren Laufzeit als Versorgungsleistungen
Anschaffungskosten und Veräußerungspreis
- Anschaffungskosten nach § 255 HGB: inklusive Nebenkosten (z. B. Notar, Beratung).
- Nachträgliche AK: z. B. durch Nachschüsse, Bürgschaften, Darlehensausfälle.
- Veräußerungspreis: alles, was der Veräußerer erhält - auch Tauschwerte oder Fremdwährungen.
Sonderregelungen und historische Aspekte
Freibetrag nach § 17 Abs. 3 EStG
- Bis zu 9.060 € steuerfrei bei vollständiger Beteiligung.
- Reduzierung bei Gewinnen über 36.100 € oder Teilveräußerungen.
- Gilt getrennt für jede Kapitalgesellschaft.
Historische Beteiligungsgrenzen
Historische Beteiligungsgrenzen bezeichnen frühere Beteiligungshöhen, die auch nach einer Veränderung der Beteiligung weiterhin steuerliche Bedeutung haben, insbesondere im Hinblick auf die:
- Anwendbarkeit des § 17 EStG,
- Gewerbesteuerpflicht,
- Körperschaftsteuerliche Einordnung,
- Verlustnutzung nach § 15a EStG,
- oder die Abgrenzung zwischen Privat- und Betriebsvermögen.
Steuerpflichtige sollten frühere Beteiligungshöhen gut dokumentieren, da sie z. B. bei Veräußerungen oder Umstrukturierungen eine Rolle spielen können.
5-Jahres-Frist - Beteiligungsdauer
Es reicht, irgendwann innerhalb der letzten 5 Jahre eine 1 %-Beteiligung gehalten zu haben. Die Frist ist tagesgenau zu berechnen. Unentgeltliche Erwerbe (z. B. Erbschaft, Schenkung) übertragen die Frist auf den Rechtsnachfolger.
Bei teilentgeltlichem Erwerb muss aufgeteilt werden - nach dem sogenannten Trennungsprinzip.
Sitzverlegung ins Ausland
Eine Sitzverlegung, die das deutsche Besteuerungsrecht einschränkt, gilt als Veräußerung (§ 17 Abs. 5 EStG - Entstrickung). Bei späterer Veräußerung bleibt das deutsche Besteuerungsrecht erhalten. Keine Versteuerung findet statt, wenn die Gesellschaft in ein anderes EU-Land umzieht.
Auflösung und Kapitalherabsetzung
Eine Auflösung/Kapitalherabsetzung gilt steuerlich als Veräußerung (§ 17 Abs. 4 EStG). Die Rückzahlung des Kapitals wird wie ein Verkauf behandelt. Gewinne/Verluste sind nach denselben Regeln wie bei einer Veräußerung zu ermitteln.
Nur Rückzahlungen aus Einlagen und Nennkapital zählen - Ausschüttungen darüber hinaus sind Einkünfte nach § 20 Abs. 1 EStG.
Verlustregelungen bei § 17 EStG
Hierbei wird zwischen entgeltlichen und unentgeltlichen Erwerb unterschieden.
Unentgeltlicher Erwerb
Verluste aus unentgeltlich erhaltenen Anteilen sind nicht abziehbar, es sei denn, auch der Vorbesitzer hätte den Verlust abziehen dürfen.
Entgeltlicher Erwerb
Ein Verlustabzug ist nur möglich, wenn in den letzten 5 Jahren mindestens 1 % Beteiligung bestand. Ausnahme: Erwerb diente dem Erreichen oder Behalten dieser Grenze.
Verluste bei Insolvenz/Liquidation
Verluste können steuerlich geltend gemacht werden, z. B. nach § 10d oder § 15a EStG. Voraussetzung: endgültiger Ausfall, keine Rückzahlung mehr möglich.
Besonderheiten bei Ausschüttungen (§ 27 KStG)
Ausschüttungen aus dem steuerlichen Einlagekonto mindern die Anschaffungskosten. Übersteigen diese Ausschüttungen die AK, entsteht ein steuerpflichtiger Gewinn (§ 17 Abs. 4 Satz 1 EStG).
Vereinfachungsregel bei Altanteilen
Zur Vereinfachung wird der steuerpflichtige Teil des Gewinns zeitanteilig ermittelt (monatsweise), bezogen auf Anteile, die vor der Gesetzesänderung (31.03.1999 oder 26.10.2000) erworben wurden.
- Angefangene Monate bei der Gesamtbesitzzeit werden aufgerundet, bei der steuerpflichtigen Zeit abgerundet.
- Alternativ kann durch Gutachten ein genauerer Wertzuwachs nachgewiesen werden.
§ 17 EStG sorgt dafür, dass bestimmte Veräußerungen von Kapitalgesellschaftsanteilen im Privatvermögen steuerpflichtig sind - obwohl sie dort eigentlich steuerfrei wären. Das betrifft insbesondere Situationen, in denen der Anteilseigner mit mindestens 1 % beteiligt war. Die Vorschrift enthält zahlreiche Besonderheiten, insbesondere zur Verlustverrechnung, zur Veräußerungsart und zum zeitlichen Umfang der Beteiligung.
Eine saubere Dokumentation aller Beteiligungshöhen, Haltezeiten und Erwerbsvorgänge ist entscheidend für die korrekte steuerliche Behandlung.