Einkünfte selbstständige Arbeit - Steuerberaterprüfung
Einkommensteuer
Die Einkünfte aus selbstständiger Arbeit nach § 18 EStG stammen vor allem aus Berufen, die stark durch die persönliche, geistige Arbeit des Steuerpflichtigen geprägt sind. Dazu zählen viele Tätigkeiten, die eine anspruchsvolle und meist langjährige Ausbildung erfordern. Besonders im Fokus stehen dabei sogenannte "Freie Berufe", wie etwa Ärzte, Anwälte oder Steuerberater. Wichtig ist: Diese Tätigkeiten müssen selbstständig ausgeübt werden, also nicht im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses.
Im Folgenden zeigen wir Ihnen, wann genau Einkünfte aus selbstständiger Arbeit vorliegen und welche Besonderheiten es dabei z. B. bei der Gewinnermittlung gibt. In unseren Kernlehrgängen und Klausurenkursen gehen wir tiefer auf die unten stehenden Themen ein und bereiten Sie damit optimal auf die Steuerberaterprüfung vor.
Voraussetzungen für Einkünfte aus selbstständiger Arbeit
Wie bei anderen Gewinneinkunftsarten auch, gelten vier Grundvoraussetzungen:
- Selbstständigkeit
- Nachhaltigkeit
- Gewinnerzielungsabsicht
- Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr
Zusätzlich muss es sich um eine freiberufliche Tätigkeit im Sinne des Gesetzes handeln.
Arten der selbstständigen Tätigkeiten
Bei den selbstständigen Tätigkeiten wird zwischen den folgenden Arten unterschieden:
Katalogberufe und ähnliche Tätigkeiten (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG)
Zu den typischen freiberuflichen Tätigkeiten zählen unter anderem:
- Heilberufe: Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Heilpraktiker, Krankengymnasten
- Rechts- und Steuerberufe: Rechtsanwälte, Notare, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer, beratende Betriebswirte
- Journalistische Berufe: Journalisten, Dolmetscher, Übersetzer, Bildberichterstatter
- ähnliche Berufe, die mit den genannten vergleichbar sind
Diese Berufe werden im Gesetz ausdrücklich genannt ("Katalogberufe"). Andere Tätigkeiten können ebenfalls als freiberuflich gelten, wenn sie mit einem Katalogberuf vergleichbar sind - sowohl in Art als auch in Qualifikation und persönlichem Einsatz.
Weitere freiberufliche Tätigkeiten (§ 18 Abs. 1 S. 2 EStG)
Neben den Katalogberufen gelten auch folgende Tätigkeiten als freiberuflich:
Wissenschaftliche Tätigkeit
Eine Tätigkeit ist wissenschaftlich, wenn sie sich an objektiven, nachvollziehbaren Methoden orientiert und auf die Lösung komplexer Fragestellungen abzielt, etwa durch Gutachten oder Forschung.
Künstlerische Tätigkeit
Künstler arbeiten kreativ und gestalten frei. Hierzu zählen Maler, Musiker, Schauspieler oder Komponisten. Nicht darunter fallen z. B. Berufssportler.
Schriftstellerische Tätigkeit
Dazu gehört das eigenständige Schreiben für die Öffentlichkeit, auch von Trivialliteratur. Es muss nicht wissenschaftlich oder künstlerisch sein.
Unterrichtende Tätigkeit
Hierzu zählen alle Tätigkeiten, bei denen Wissen oder Fähigkeiten vermittelt werden - z. B. durch Dozenten, Nachhilfelehrer oder Sporttrainer.
Erzieherische Tätigkeit
Der Fokus liegt hier auf der ganzheitlichen Förderung von Kindern und Jugendlichen, etwa in Bezug auf Persönlichkeit und Sozialverhalten.
Sonderfälle nach § 18 Abs. 1 Nr. 2-4 EStG
§ 18 Abs. 1 Nr. 2 - Lotterieeinnehmer
Früher waren das selbstständige Verkäufer von Lotterielosen. Heute übernehmen meist Läden den Verkauf im Auftrag der Lotteriegesellschaft, dann gelten diese Einkünfte meist nicht als freiberuflich, sondern als gewerblich (§ 15 EStG).
§ 18 Abs. 1 Nr. 3 - Vergütung für bestimmte Funktionen
Vergütungen für Tätigkeiten wie:
- Testamentsvollstrecker
- Vermögensverwalter
- Aufsichtsratsmitglieder
gelten ebenfalls als Einkünfte aus selbstständiger Arbeit.
§ 18 Abs. 1 Nr. 4 - Leistungen zur Förderung von Vermögensgesellschaften
Hier geht es um Leistungen innerhalb von vermögensverwaltenden Gesellschaften, die mit Private Equity oder Venture Capital Fonds vergleichbar sind. Einkünfte aus sogenannten Carried Interests (Leistungsvergütung, abhängig vom Erfolg) fallen unter diese Vorschrift.
Die Einkünfte sind zu 60 % steuerpflichtig, da sie unter die Steuerbegünstigung nach § 3 Nr. 40a EStG fallen.
Gesetzesänderung: MoPeG 2024
Seit dem 01.01.2024 gilt das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG). Es bringt unter anderem für Freiberufler folgende Neuerungen:
- Freiberufler dürfen nun auch Personenhandelsgesellschaften wie OHG, KG oder GmbH & Co. KG wählen - sofern das Berufsrecht das erlaubt.
- Detaillierte Infos dazu finden sich im Kapitel "Änderungen MoPeG 2024".
Einsatz von Mitarbeitern
Ein Freiberufler darf Mitarbeiter beschäftigen, ohne dass seine Tätigkeit dadurch gewerblich wird - solange:
- er selbst leitend und eigenverantwortlich arbeitet (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG),
- er die Arbeit seiner qualifizierten Mitarbeiter fachlich überblicken kann,
- und diese Mitarbeit nicht den Kern seiner Tätigkeit ersetzt.
Auch eine Vertretung bei Krankheit oder Urlaub schadet der Freiberuflichkeit nicht.
Gewinnermittlung (§ 4 Abs. 3 EStG)
Freiberufler müssen keine Bücher führen und keine Bilanz erstellen. Sie dürfen ihren Gewinn einfach per Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) ermitteln. Das heißt: Einnahmen werden erst versteuert, wenn sie zugeflossen sind.
Wahlrecht: Freiberufler können freiwillig Bücher führen und nach § 4 Abs. 1 EStG bilanzieren, sie müssen aber nicht.
Auch Veräußerungsgewinne (z. B. beim Praxisverkauf) gehören zu den Einkünften aus selbstständiger Arbeit (§ 18 Abs. 3 EStG) und werden wie die Veräußerungsgewinne nach § 16 EStG behandelt - mit Steuervorteilen wie Tarifermäßigung und Freibetrag.
Freiberufliche Mitunternehmerschaften
Freiberufler können sich in Form einer:
- GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts)
- oder Partnerschaftsgesellschaft
zusammenschließen.
Wichtig: Keine "gewerbliche Infektion"
Wenn in einer freiberuflichen Gesellschaft auch gewerbliche Tätigkeiten ausgeübt werden oder nicht alle Mitunternehmer selbst freiberuflich tätig sind, wird die gesamte Gesellschaft gewerbesteuerpflichtig.
Kernvoraussetzungen:
- Alle Gesellschafter müssen freiberuflich qualifiziert sein.
- Alle müssen leitend und eigenverantwortlich tätig sein.
- Auch gemischte Teams (z. B. Anwalt + Steuerberater) sind erlaubt, solange die Arbeitsteilung klar ist.
Partnerschaftsgesellschaft (§§ 1-8 PartGG)
Die Partnerschaftsgesellschaft (PartG) ist eine besondere Gesellschaftsform für Freiberufler. Sie ähnelt der OHG, aber mit besonderen Regelungen zur Haftung:
- Jeder Partner haftet grundsätzlich mit seinem Privatvermögen, es sei denn:
- Für Fehler bei der Berufsausübung haftet nur der Partner, der die Arbeit gemacht hat.
- Eine Haftungsbeschränkung ist möglich, wenn die PartG eine Berufshaftpflichtversicherung hat und sich entsprechend "mbB" (mit beschränkter Berufshaftung) nennt.
Gewinnermittlung
Die Partnerschaftsgesellschaft kann ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln, wie die einzelnen Freiberufler auch. Die Vorschriften zur Buchführung nach dem HGB gelten nicht, da keine gewerbliche Tätigkeit vorliegt.
Besonderheiten: Doppelstöckigkeit und gewerbliche Infektion
- Wenn eine freiberufliche Partnerschaft eine Tochtergesellschaft gründet (Doppelstöckigkeit), muss auch dort jeder Gesellschafter freiberuflich qualifiziert sein - sonst droht gewerbliche Infektion.
- Auch wenn ein einzelner Partner zusätzlich gewerblich tätig ist, z. B. im Rahmen eines Bauherrenmodells, kann das zu einer Infektion führen (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG).
Veräußerung oder Aufgabe der Praxis / Gesellschaft
Beim Verkauf oder der Aufgabe eines Mitunternehmeranteils gelten die Regeln aus § 16 EStG, auch bei Partnerschaftsgesellschaften. Wichtig:
- Auch Sonderbetriebsvermögen (z. B. Büroausstattung, Immobilien) muss mit übertragen werden.
- Der Gewinn daraus erhöht das steuerpflichtige Einkommen des laufenden oder vorherigen Wirtschaftsjahres (§ 18 Abs. 3 S. 2 EStG).