Einkünfte aus Gewerbebetrieb - Steuerberaterprüfung
Einkommensteuer
Wenn ein Betrieb verkauft oder aufgegeben wird, zählt der dabei erzielte Gewinn zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gemäß § 16 EStG. Dieser Gewinn muss versteuert werden.
§ 16 EStG regelt die steuerlichen Folgen bei Verkauf oder Aufgabe eines Betriebs. Dabei geht es nicht nur um den gesamten Betrieb, sondern auch um Teilbetriebe oder Anteile an einer Personengesellschaft (Mitunternehmeranteile). Die Vorschrift ist besonders wichtig bei Betriebsverkäufen und bietet steuerliche Vorteile, wie den ermäßigten Steuersatz und einen Freibetrag, die den Gewinn mindern können.
Ein zentraler Punkt ist die genaue Definition, wann eine Veräußerung oder Aufgabe vorliegt. Dazu ist Fachwissen nötig, insbesondere über Teilbetriebe, Mitunternehmeranteile und deren steuerliche Behandlung. § 16 EStG betrifft nicht nur Unternehmer selbst, sondern ist auch ein häufiges Thema in der Steuerberaterprüfung, sowohl im schriftlichen als auch im mündlichen Teil.
Einkünfte aus Gewerbebetrieb - Anwendung des § 16 EStG
§ 16 EStG behandelt die Veräußerung oder Aufgabe ganzer betrieblich zusammenhängender Wirtschaftsgüter ("betrieblichen Sachgesamtheiten"). Das betrifft insbesondere:
- Betriebe
- Teilbetriebe
- Mitunternehmeranteile
Auch wenn die Erfassung von stillen Reserven schon durch allgemeine steuerliche Grundsätze geregelt ist, dient § 16 EStG der Abgrenzung von laufenden Einkünften und einmaligen Veräußerungsgewinnen. Ziel ist es, die durch einmalige hohe Gewinne ausgelöste höhere Steuerlast abzumildern, z. B. durch den ermäßigten Steuersatz nach § 34 EStG.
Gerade weil der Verkauf eines Betriebs oft der Altersvorsorge dient, bietet § 16 EStG zusätzliche Vorteile, etwa den Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG.
Die Regelungen gelten grundsätzlich für gewerbliche Betriebe. Darüber hinaus sind sie auch anwendbar auf:
- Betriebe der Land- und Forstwirtschaft (§ 14 EStG)
- Betriebe aus selbstständiger Arbeit (§ 18 Abs. 3 EStG)
Wann liegt eine Betriebsveräußerung vor?
Eine Betriebsveräußerung liegt vor, wenn:
- Alle wesentlichen Betriebsgrundlagen (z. B. Maschinen, Gebäude, Know-how) übergehen,
- dies in einem einheitlichen Vorgang, entgeltlich oder teilentgeltlich, geschieht,
- ein Erwerber diese übernimmt,
- der Erwerber den Betrieb fortführen kann (unabhängig davon, ob er es wirklich tut),
- der bisherige Unternehmer seine gewerbliche Tätigkeit einstellt.
Diese Kriterien gelten auch bei Teilbetriebsveräußerungen.
Was sind wesentliche Betriebsgrundlagen?
Ein Betrieb im Sinne des § 16 EStG liegt nur vor, wenn alle wesentlichen Betriebsgrundlagen übertragen werden. Dazu zählt in der Regel:
- Anlagevermögen (z. B. Maschinen, Geschäftsausstattung)
- immaterielle Werte (z. B. Patente, Kundenstamm)
Nicht zwingend dazu gehört das Umlaufvermögen.
Beurteilungskriterien:
- Funktionalität: Tragen die Wirtschaftsgüter wesentlich zum Betrieb bei?
- Quantität: Wie hoch sind die stillen Reserven?
Der Erwerber muss den Betrieb weiterführen können, muss es aber nicht tatsächlich tun. Der Veräußerer muss seine Tätigkeit im Zusammenhang mit dem Betrieb einstellen.
Zurückbehaltene Wirtschaftsgüter
Nicht alle Wirtschaftsgüter müssen mitverkauft werden. Unwesentliche Güter dürfen zurückbehalten werden.
Folgen:
- Nur betrieblich nutzbare Güter: Bleiben Betriebsvermögen. Ein späterer Verkauf führt zu Einkünften nach § 24 Nr. 2 EStG.
- Privat nutzbare Güter: Können zum Marktwert ins Privatvermögen überführt werden.
- Forderungen: Unbestrittene dürfen überführt werden, bestrittene bleiben Betriebsvermögen.
- Verbindlichkeiten: Bleiben grundsätzlich im Betriebsvermögen.
Die Überführung ins Privatvermögen ist mit dem gemeinen Wert zu bewerten (§ 16 Abs. 3 S. 7 EStG) und sollte zeitnah zur Veräußerung erfolgen.
Arten der Veräußerung
Bei den Veräußerungen wird in teilentgeltliche, unentgeltliche und entgeltliche Veräußerungen unterschieden.
Teilentgeltliche Veräußerung
Eine teilentgeltliche Veräußerung liegt vor, wenn ein Wirtschaftsgut oder ein Betrieb nicht vollständig entgeltlich, aber auch nicht vollständig unentgeltlich übertragen wird.
Hier gilt die Einheitstheorie: Das Geschäft wird einheitlich betrachtet, nicht in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufgeteilt.
- Liegt der Kaufpreis über dem Buchwert, entsteht ein zu versteuernder Veräußerungsgewinn.
- Liegt der Kaufpreis darunter, gilt das Ganze als unentgeltlich, sodann Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 3 EStG.
Unentgeltliche Veräußerung
Eine unentgeltliche Veräußerung liegt vor, wenn kein Entgelt (Kaufpreis) gezahlt wird. Im Steuerrecht wird sie häufig als Schenkung oder Erbfall behandelt.
Beispiele:
- Vater überträgt seinen Gewerbebetrieb auf seinen Sohn ohne Gegenleistung (vorweggenommene Erbfolge).
- Unternehmer verschenkt Einzelwirtschaftsgüter aus dem Betriebsvermögen.
Bei unentgeltlicher Übertragung liegt keine steuerpflichtige Veräußerung i. S. d. § 16 EStG vor, weil es keine Gegenleistung gibt. Es entsteht kein Veräußerungsgewinn, also auch keine Steuer auf einen etwaigen stillen Wertzuwachs zum Zeitpunkt der Übertragung.
Trotz fehlender Einkommensteuer auf die unentgeltliche Übertragung, kann Schenkungsteuer anfallen - abhängig vom Verhältnis zwischen Übertragendem und Erwerber sowie dem Wert des übertragenen Betriebsvermögens (Stichwort: Freibeträge nach § 16 ErbStG).
Entgeltliche Veräußerungen
Eine entgeltliche Veräußerung liegt vor, wenn ein Gewerbebetrieb (oder ein Teil davon) gegen Entgelt übertragen wird. Das Entgelt kann in Form von Geld, Sachwerten oder der Übernahme von Verbindlichkeiten bestehen.
Beispiele
- Verkauf eines Betriebs an einen Dritten gegen Kaufpreis
- Verkauf eines Mitunternehmeranteils an der OHG
- Übertragung gegen Versorgungsleistungen (teilweise entgeltlich)
Anzahl der Erwerber
Alle wesentlichen Betriebsgrundlagen müssen auf einen Erwerber übergehen. Werden sie auf mehrere verteilt, liegt keine Betriebsveräußerung im Ganzen vor. Unwesentliche Wirtschaftsgüter dürfen aber getrennt übertragen werden.
Zeitpunkt der Veräußerung
Maßgeblich ist der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums - meist beim Übergang von Nutzen und Lasten im Vertrag.
Die Übertragung kann in Teilen erfolgen, muss aber innerhalb von maximal 2 Jahren abgeschlossen sein, um noch als einheitlich zu gelten. Bei mehr als 36 Monaten ist das nicht mehr der Fall.
Aufgabe der bisherigen Tätigkeit
Ein zentraler Punkt ist, dass der Unternehmer die bisherige gewerbliche Tätigkeit im veräußerten Betrieb einstellt. Er darf andere, neue gewerbliche Tätigkeiten aufnehmen, aber nicht die alte fortsetzen, auch nicht mit den gleichen Kunden oder in denselben Räumlichkeiten.
Teilbetriebsveräußerung
Ein Teilbetrieb ist ein organisatorisch eigenständiger Betriebsteil, der selbstständig funktioniert. Kriterien:
- Eigene Räumlichkeiten
- Eigenes Personal/Leitung
- Eigenes Anlagevermögen
- Eigener Kundenkreis
- Eigene Preisgestaltung
Auch hier gilt: Alle wesentlichen Betriebsgrundlagen müssen übertragen werden.
Teilbetriebsfiktion
Die Teilbetriebsfiktion ist eine steuerrechtliche Konstruktion, bei der ein einzelnes Wirtschaftsgut (z. B. ein Grundstück) als eigener "fiktiver Teilbetrieb" behandelt wird, wenn es gewisse Voraussetzungen erfüllt.
Die Teilbetriebsfiktion kommt vor allem in folgenden Fällen zur Anwendung:
- Veräußerung eines wesentlichen Betriebsgrundstücks, das im Betriebsvermögen gehalten wurde, nach Betriebsverpachtung oder Betriebsaufgabe.
- Einzelverkäufe, bei denen das veräußerte Wirtschaftsgut allein die wesentliche Grundlage eines früheren (nicht mehr aktiven) Teilbetriebs war.
- Verpachtung eines Betriebs, späterer Verkauf des zurückbehaltenen Grundstücks.
Auch eine 100 %-Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, die im Betriebsvermögen gehalten wird, gilt als Teilbetriebsveräußerung (§ 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 2 EStG).
Schlussbilanz
Bei der Teilbetriebsveräußerung muss keine Schlussbilanz erstellt werden. Der laufende Gewinn muss aber vom Veräußerungsgewinn getrennt werden. Der Wert wird anhand der Regeln der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 und § 5 EStG geschätzt.
Berechnung des Veräußerungsgewinns (§ 16 Abs. 2 EStG)
Die Berechnung des Veräußerungsgewinns bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb richtet sich nach § 16 EStG und erfolgt, wenn ein Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil entgeltlich veräußert oder aufgegeben wird. Die folgende Formel findet hier Anwendung:
Veräußerungspreis
+ gemeiner Wert überführter Wirtschaftsgüter
- Veräußerungskosten
- Kapitalkonto
= Veräußerungsgewinn (§ 16 Abs. 2)
- Freibetrag (§ 16 Abs. 4)
= begünstigter Veräußerungsgewinn (§ 34 Abs. 2)
Der Veräußerungsgewinn entsteht im Jahr des Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums. Die Übernahme privater Schulden zählt dazu, betriebliche Schulden nicht.
Abgrenzung zu laufendem Gewinn
Nur Veräußerungs- und Aufgabegewinne sind steuerlich begünstigt. Sie unterliegen nicht der Gewerbesteuer. Laufende Gewinne, auch solche im zeitlichen Zusammenhang mit der Veräußerung, werden regulär besteuert.
Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG
Der Freibetrag kann auf Antrag gewährt werden, wenn der Unternehmer:
- das 55. Lebensjahr vollendet hat oder
- dauerhaft berufsunfähig ist.
Er soll die steuerliche Belastung bei der Beendigung der unternehmerischen Tätigkeit mildern, insbesondere bei älteren oder gesundheitlich eingeschränkten Steuerpflichtigen.
Bedingungen:
- Der Freibetrag beträgt 45.000 €
- Er verringert sich, wenn der Gewinn 136.000 € überschreitet.
- Bei 181.000 € ist er vollständig abgeschmolzen.
- Nur einmal im Leben nutzbar.
- Der Freibetrag kann nicht auf spätere Veräußerungen übertragen werden.
Bei Erbschaften muss der Erbe die Voraussetzungen erfüllen, um den Freibetrag zu bekommen.
Der Freibetrag ist personenbezogen. Bei Ehegatten kann jeder Ehepartner den Freibetrag einmal geltend machen, wenn er selbst Inhaber eines Betriebs war.
Betriebsaufgabe (§ 16 Abs. 3 EStG)
Eine Betriebsaufgabe liegt vor, wenn der Unternehmer seinen Betrieb nicht mehr fortführt und die wesentlichen Betriebsgrundlagen:
- in das Privatvermögen überführt,
- an verschiedene Erwerber verkauft oder
- betriebsfremden Zwecken zuführt.
Die Aufgabe muss durch Handlungen (Entnahme, Verkauf) umgesetzt werden, nicht nur durch Absicht.
Die Aufgabe kann sich über mehrere Monate ziehen. Ein Zeitraum bis 36 Monate wurde vom BFH anerkannt.
Abgrenzungen
- Betriebsverlegung: Nur Standortwechsel, kein steuerlicher Aufgabegewinn.
- Betriebsunterbrechung: Vorübergehende Einstellung mit Fortführungsabsicht.
- Beurteilungswandel: Änderung der Einkunftsart (z. B. von gewerblich zu landwirtschaftlich), ohne Betriebsaufgabe.
- Entstrickung: Steuerliche Betriebsaufgabe ohne tatsächliche Zerschlagung, z. B. bei Beendigung einer Betriebsaufspaltung.
Betriebsverpachtung
Das Thema Betriebsverpachtung im Ganzen ist ein bedeutender Sonderfall im Kontext der Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG). Es betrifft Fälle, in denen ein Gewerbetreibender seinen Betrieb nicht verkauft oder aufgibt, sondern ganz oder teilweise verpachtet, z. B. aus Altersgründen oder zur Vorbereitung einer späteren Übertragung.
Voraussetzungen:
- Alle wesentlichen Betriebsgrundlagen müssen übergehen.
- Der Betrieb bleibt erhalten und kann später fortgeführt werden.
Der Unternehmer kann entscheiden:
- Entweder stille Reserven aufdecken - Einkünfte aus Vermietung/Verpachtung
- Oder Reserven nicht aufdecken - weiterhin gewerbliche Einkünfte
Typische Beispiele wesentlicher Betriebsgrundlagen:
- Werkstatteinrichtung beim Handwerker
- Räume bei Gaststätte oder Hotel
Die Betriebsverpachtung ist nicht ausdrücklich im EStG geregelt, sondern beruht auf ständiger Rechtsprechung des BFH und Verwaltungsauffassung (R 16 Abs. 5 EStR).
Wird im Zuge der Verpachtung der Betrieb aufgegeben, gilt § 16 Abs. 3 EStG. Auch hier können Vergünstigungen nach § 16 und § 34 EStG genutzt werden.