Drei Monate Ausnahmezustand – Von der Freistellung bis zur digitalen Steuerberaterprüfung
Dieser Beitrag schließt an meine bisherigen Berichte über den Master of Taxation und meinen Weg zum Steuerberater an. Nach dem Abschluss meines Masters war klar: Jetzt beginnt die härteste, aber auch spannendste Etappe - die Vorbereitung auf das Steuerberaterexamen. Drei Monate Freistellung, unzählige Probeklausuren, nervöse Nächte und am Ende drei Prüfungstage am Laptop. Das war mein Sommer 2025.
Wer ist Michael?
Ich bin Michael 25 Jahre alt und dieser Blogbeitrag gibt Einblicke in meine Gedanken, Entscheidungen und Erfahrungen während meines Masterstudiengangs und auf dem Weg zu meinem angestrebten Ziel, dem Steuerberater. In meinem ersten Beitrag teile ich mit Ihnen meine ersten Eindrücke vom Master in München. Hier sind alle meine bisherigen Artikel:
Masterabschluss und Examensmodus
Kaum war die Verteidigung der Masterthesis vorüber und die letzte Klausur geschrieben, ging auch schon die Vorbereitung auf das schriftliche Steuerberaterexamen los. Die Monate nach dem Master fühlten sich an wie ein Zwischenraum: kein Student mehr, aber auch noch kein Steuerberater. Und genau in dieser Phase begann die intensivste Zeit auf dem Weg zum Steuerberater - die dreimonatige Freistellung.
Freistellung klingt für steuerunbehaftete Menschen im ersten Moment nach Urlaub - in Wahrheit war es eher ein Vollzeitjob mit Überstunden. Acht bis zwölf Stunden lernen pro Tag. Probeklausur nach Probeklausur. Es gab Tage, an denen wachte man mit § 15 EStG auf und ging abends mit § 15a UStG wieder ins Bett.
Die drei Monate waren kein Spaziergang. Sie sind ein Marathon auf Steuerbasis - mit Startschuss, Zwischenkrisen und dem großen Zieleinlauf im Oktober. In diesem Beitrag möchte ich euch ein stückweit mitnehmen, wie eine dreimonatige Freistellung aussehen kann, ohne dabei zu wissen, welches Ergebnis die harte Arbeit am Ende bringen wird.
Lernplan zur Nervenwahrung
Anfangs fällt es einem noch schwer, einen konkreten Plan zu erstellen, da der Stoff für das Examen unendlich ist, man aber letztlich nur drei Monate Zeit hat. Die Frage ist dann natürlich: Schlägt Qualität Quantität oder schaue ich mir so viele Sachverhalte an wie möglich?
Am Ende lässt sich sagen: Es ist eine Mischung aus beidem. Als Richtwert hört man immer wieder, dass man gut vorbereitet ist, wenn man etwa 50 Probeklausuren schreibt. Und ich würde behaupten, damit fährt man gar nicht schlecht.
Kostenlose Übungsklausur anfordern
Vorlage Prüfungspapier (zum ausdrucken)
Sicher ist: Wenn man 70 Klausuren bucht, wird man nie alle ernsthaft schreiben - aber das ist auch nicht schlimm. Sofern man 40–50 Klausuren ernsthaft und intensiv schreibt, kann man einige Klausuren im “Schnelldurchgang” überfliegen, sich Stichpunkte machen und die Lösungen gründlich durcharbeiten. Wichtig ist meiner Meinung nach, dass man viele unterschiedliche Sachverhalte gesehen hat, sich aber wiederum auch oft genug intensiv damit beschäftigt hat. Hier kommt dann die Mischung aus Qualität und Quantität zum Tragen.
Phase 1: Struktur finden und Grundlagen festigen
Die intensive Klausurenphase
Mein Wochenplan sah so aus, dass meistens wöchentlich fünf bis sechs Klausuren anstanden und immer ein Wochentag zum Nacharbeiten oder zur Erholung freistand. Die einzelnen Tage starteten früh morgens mit der Klausur, sodass ich gegen 13 Uhr mit dem Schreiben fertig war. So blieb noch genug Zeit, den restlichen Tag die Klausur zu korrigieren und nachzuarbeiten.
Zur Zeitersparnis habe ich mir die Besprechungen zu den Klausuren nur selten angeschaut, da dies ohnehin meist nur ein Schnelldurchlauf der Lösungen war und eine genaue Nacharbeit trotzdem vonnöten ist. Ich habe jedoch auch von einigen Teilnehmern gehört, dass die Nachbesprechungen für sie einen großen Mehrwert hatten - genauso oft wurde meine Meinung aber auch geteilt.
Die ersten zwei Monate der Freistellung liefen ohne besondere Vorkommnisse nach diesem Muster ab. Nur selten musste ich von meinem Lernplan abweichen und ich benötigte nur wenige Tage rein für die Stoffvermittlung oder Tage, an denen ich mich ausschließlich einem Thema gewidmet habe. Natürlich stößt man während der Klausuren zuhauf auf Themen, bei denen man weder weiß, wo man anfängt, noch wo man endet. Das ist aber gar nicht schlimm - woher soll man all das Wissen, wenn man es zuvor noch nie gehört hat? Wichtig ist nur, dass man eben am Ende der drei Monate weiß, wo man dann beginnt und wann das Ende erreicht ist. Zudem lernt man aus jeder einzelnen Klausur unfassbar viel dazu. Nicht umsonst sitzt man allein sechs Stunden an der Erstellung einer Lösung von unzähligen Sachverhalten.
Phase 2: Wiederholen, Verdichten und Vorbereiten
Die heiße Phase vor dem Examen
Der letzte Monat sah etwas anders aus: Die Nervosität und Anspannung nehmen ab diesem Zeitpunkt selbstverständlich von Tag zu Tag zu. Der Grundstein ist nach zwei Monaten Lernen jedoch gesetzt - und das muss man sich auch bewusst machen. Für mich ging das Klausurenpensum daher langsam etwas nach unten. Ich versuchte verstärkt Themen zu wiederholen und den Stoff zu festigen.
Was ich am ersten Tag der Freistellung gelernt hatte, war zwei Monate später nicht mehr vollständig präsent. Deshalb machte ich mir von Anfang an für jedes Fach eine Liste mit Sachverhalten, die ich nicht lösen konnte, die besonders kompliziert waren oder die ich als wichtig erachtete. Auch immer wiederkehrende Fehler sammelte ich hier. Diese stark verkürzten Sachverhalte inklusive kurzer Lösungen wiederholte ich im letzten Monat regelmäßig.
Ich habe außerdem gegen Ende hin Klausuren nur überflogen, um möglichst viele verschiedene Sachverhalte gesehen zu haben. Knapp zwei Wochen vor dem Examen, bereitete ich mich dann auf den letzten Härtetest vor: eine einwöchige Prüfungssimulation eines Probeexamens mit anderen Steuerberateranwärtern unter echten Prüfungsbedingungen. Hierbei wurde in einer Woche zweimal das Examen geschrieben und man hat direkt am nächsten Morgen vor der nächsten Klausur seine korrigierte Klausur erhalten.
Eine solche Simulation kann ich jedem nur empfehlen. Sie bietet nicht nur eine hervorragende Vorbereitung, sondern zeigt einem auch, dass man mit Problemen während der Klausur nicht allein ist. Wenn man einen Sachverhalt nicht vollständig lösen konnte, ging es mindestens 50 % der anderen genauso - und die Benotung / Bepunktung fällt oft deutlich besser aus als zunächst erwartet. Die Simulation stellt einen zudem darauf ein, wie man mit Frustration nach der Prüfung umgeht: wenn eine Klausur nicht wie erwartet lief, man aber am nächsten Tag positiv überrascht wird. Dasselbe gilt umgekehrt, wenn man glaubt, alles erkannt zu haben, wird man am Ende doch eines Besseren belehrt.
Nicht zehn Finger, sondern zehn IQ-Punkte mehr
Mein digitales Examen
Nicht zu vergessen ist, dass ich mein Examen digital am Laptop geschrieben habe. Eine Entscheidung, bei der man von vielen Teilnehmern und Umstehenden verrückt gemacht wird - als hinge das ganze Examen nur von dieser Entscheidung ab. Natürlich ist es eine wichtige Entscheidung, aber sie entscheidet nicht über Bestehen oder Nichtbestehen.
Ich verbringe den ganzen Tag bei der Arbeit an der Tastatur. Meine Schrift ist zwar unter normalen Umständen grundsätzlich gut leserlich, aber sobald es um Klausuren geht und man sich beeilen muss, kann nicht nur ich, sondern auch der Prüfer kaum noch lesen, was da geschrieben wurde. Durch das Schreiben am Laptop konnte ich meinen Lösungen deutlich mehr Struktur verleihen, als ich es per Hand jemals gekonnt hätte (unter Zeitdruck versteht sich). Zudem kann ich jederzeit Punkte einfügen, die mir während des Lösens der Aufgabe noch einfallen, ohne dass der Korrektor wegen unzähliger Verweise die Krise bekommt. Außerdem wird man während der Freistellung nicht von Handschmerzen geplagt, die man bekommt, wenn man Tag für Tag von Hand schreibt.
Zwar beherrsche ich das Zehnfingersystem nicht, dennoch bin ich auf der Tastatur schneller als per Hand. Insgesamt würde ich aber behaupten, dass man mit der Tastatur zwar Zeit einsparen kann, aber nicht massiv. In AO ist man sicherlich schneller als mit der Hand, dafür ist man beispielsweise im Erbschaftsteuerteil - wegen der vielen Berechnungen und Tabellen etc. - eventuell etwas langsamer.
Für mich war nach wie vor der Faktor Struktur und Lesbarkeit entscheidend, der mich zum digitalen Schreiben gebracht hat. Und man darf nicht vergessen: Es kostet in der Vorbereitung weniger Überwindung, Inhalte herunterzutippen als sie von Hand zu schreiben - zumindest meiner Meinung nach. Zusätzlicher Big Point: Copy & Paste darf man ebenfalls nutzen, was gerade in AO oder Bilanz clever eingesetzt werden kann.
Zusammenfassend muss man aber klar sagen: Man besteht das Examen nicht wegen schneller Finger, sondern aufgrund des Wissens, das man hat - oder nicht hat. Insgesamt würde ich aber - ohne auch nur nachzudenken - immer wieder in digitaler Form schreiben. Auch während dem Examen hat man sich mit weniger Dingen zu beschäftigen, wie zum Beispiel das Durchnummerieren der Seiten etc..
Ein letztes Kräftesammeln
Nachdem auch das Probeexamen geschafft war, hieß es: noch eine Woche bis zu den finalen drei Tagen. In der letzten Woche habe ich überwiegend wiederholt und mich kurz davor nochmals “warmgeschrieben”, um das Klausurenschreiben nicht zu verlernen. In dieser Phase reißt man allerdings nicht mehr viel heraus. Das Gerüst wurde in den Monaten zuvor gebaut - jetzt geht es darum, den Fokus richtig zu setzen.
Über die einzelnen Prüfungstage gibt es (neben dem Inhalt) nicht allzu viel sagen. Vieles läuft genauso wie man sich es am Ende vorstellt. Die Stimmung Vorort ist insgesamt ganz angenehm und ich war dadurch weniger nervös als erwartet. Vor allem die Prüfungssimulation hat mich gut auf die tatsächlichen Umstände vorbereitet. Auch war es sehr angenehm, viele bekannte Gesichter zu sehen, mit denen man noch kurze Zeit zuvor das Probeexamen bestritten hat. Sicherlich sind die drei Tage für viele intensiver als erwartet. Wichtig ist, sich in diesen Tagen nicht verrückt machen zu lassen. Viele Teilnehmer möchten nach der Klausur ihr Wissen teilen und man hört Dinge, die man selbst so nicht geschrieben hat. Am Ende lässt sich aber nichts mehr ändern, egal mit welchem Gefühl man aus dem Examen geht.
Für mich bedeutet es jetzt, den Fokus wieder auf die Arbeit zu richten und zumindest für kurze Zeit den normalen Alltag zu “genießen", da man für 3 Monate doch teilweise in einer anderen Welt gelebt hat. Zum aktuellen Zeitpunkt ist die Reintegration in den Alltag auch schon wieder geschafft und ich befinde mich bereits in der Vorbereitung auf die mündliche Prüfung - ohne dabei zu wissen, was letzten Endes das Ergebnis der schriftlichen Prüfung ist.
In diesem Sinne: auf eine ungewisse Weihnachtszeit - und frohes Warten auf die Ergebnisse!
Über den Autor

Michael Moser
Seit dem Sommersemester 2023 ist er im Master Taxation an der Hochschule München (in Kooperation mit Dr. Bannas). Seine Masterarbeit hat er im Wintersemester 2024/25 abgeschlossen und im Oktober 2025 an der schriftlichen Steuerberaterprüfung teilgenommen. Jetzt läuft die Vorbereitung auf die mündliche Steuerberaterprüfung 2026.